Die imposante Felslage ist inzwischen weltberühmt. Kein Wunder, stehen die Gäste vor dem Bergrestaurant Aescher seit Jahren Schlange. Trotzdem haben Nicole (32) und Bernhard Knechtle (33) genug. Sie haben sich entschieden, ihre Pacht in der bekanntesten Beiz der Schweiz oberhalb von Weissbad AI nach fünf Jahren nicht mehr zu verlängern.
Zum ersten Mal erklären die zwei, was sie zu dem Schritt bewog: «Wir sind zwar die geborenen Bergwirte, aber unser Entscheid ist gut überlegt und definitiv», sagt Nicole Knechtle. «Vom Herzblut, das wir einst hatten, ist leider nicht mehr viel übrig geblieben!» Das Wirtepaar sieht im Aescher keine Perspektive mehr. Denn der Besitzer, die Stiftung Wildkirchli des Kantons Innerrhoden, hält sich mit Investitionen seit Jahren zurück. Zudem meldet der Denkmalschutz auch ständig Bedenken an.
Es müsste dringend renoviert werden
«Aber der Massentourismus hier oben nahm in den letzten Jahren explosionsartig zu», berichtet Nicole Knechtle. Startschuss war eine Titelgeschichte des US-Magazins «National Geographic», dass kurz nachdem sie und Bernhard die Pacht von dessen Eltern übernommen hatten, den Aescher als den schlichtweg «schönsten Ort der Welt» anpries.
Es folgte die Onlinezeitung «Huffington Post», die den Aescher zum schönsten Restaurant auf Erden kürte. Immer neue Fans posten Fotos davon auf Instagram – und bringen immer mehr Leute dazu, selbst vorbeizukommen. Doch während die Besucherzahlen steigen und steigen, hält die Infrastruktur nicht mehr mit.
Bei den sanitären Einrichtungen wurde seit den Achtzigerjahren kaum mehr etwas gemacht. Die Tiefkühler müssten dringend erneuert werden. Am Tisch im Gästebereich, an dem die Wirtin mit BLICK spricht, trocknen Gläser, weil hinter den Kulissen der Platz fehlt.
Wassermangel führt zur Hausspezialität
Dort brutzelt Bernhard Knechtle seine berühmten Rösti. «Wir schälen noch jede Kartoffel von Hand!», sagt der stolze Koch. Es duftet köstlich. Und doch gibt es einen banalen Grund, dass gerade Rösti zur Hausspezialität wurde: Das Wasser für Nudeln ist hier oben absolute Mangelware. «Nimmt der Ansturm weiter zu, müssten wir die Speisekarte einschränken. Das macht keine Freude», sagt die Wirtin.
Doch einfach auf weiteres Wachstum zu verzichten, sei kaum möglich: «Unsere Gäste suchen den Aescher bewusst als Ziel aus, kommen extra deswegen her. Schon jetzt haben wir Warteschlangen, wenn alle Plätze besetzt sind», so die Mutter von drei Kindern.
Zurück in die Normalität
Lange Warteschlangen könnten den Service-Betrieb lahmlegen. Der Besucherstrom, eigentlich ja ein Segen, lasse sich nicht regulieren. «Was wir machen konnten, haben wir gemacht. Wir sind am Maximum», erklärt die Vollblutgastgeberin.
Und nun? Zwei Monate bleibt im Aescher für Gäste und Wirte noch alles beim Alten. «Wir haben für die Zeit danach noch nichts in Aussicht. Eins ist für uns aber klar: Wir möchten ein völlig normales Familienleben führen.»