14 Angeklagte im Mammut-Prozess von Kümmertshausen TG
Der Nächste, bitte!

Wer hat Peter Gubler umgebracht? Das Verfahren im grössten Thurgauer Kriminalfall der Geschichte ist gestern gestartet. Bereits am ersten Prozesstag gibt es schwere Vorwürfe und grosse Missverständnisse.
Publiziert: 20.02.2017 um 23:50 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 23:04 Uhr
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Grossandrang vor dem Rathaus Kreuzlingen. Zum Auftakt des Monsterprozesses sind etwa 70 Personen anwesend. Grösstenteils Angeklagte und Anwälte.
Marco Latzer

Die Prozessschlacht um Kümmertshausen TG ging gestern in die erste Runde. 14 Angeklagte und noch mehr Anwälte marschierten im Rathaus von Kreuzlingen TG auf. Dort muss sich das Gericht bis Ende November mit dem Mammut-Verfahren gegen die mutmassliche internationale Schleuser- und Drogenbande um Boss Mustafa N.* befassen. Hauptvorwurf: Fünf seiner Männer sollen 2010 IV-Rentner Peter Gubler (†53) gefesselt, geknebelt und qualvoll erstickt haben. Der Rest soll sich mit Erpressungen, «robustem Inkasso» und Waffendelikten verdingt haben. 

Akten-Wirrwarr zum Auftakt

Bevor der eigentliche Prozess losgeht, bestimmen die Vorfragen der Anwälte das Programm. Denn schon vor Prozessbeginn hat das Bundesgericht die beiden Staatsanwälte wegen «zahlreicher und krasser Verfahrensfehler» abgesetzt (BLICK berichtete). 500 Bundesordner füllen allein die Akten zum Monsterprozess. 

Schnell ist klar: Wegen der Ermittlungspannen müssen viele Beweise gestrichen werden. Bruno Bauer, Anwalt von Mustafa N., sagt: «Niemand in diesem Saal weiss, was überhaupt noch gültig ist. Wir haben ein absolutes Chaos!» Von verschiedenen Seiten hagelt es Forderungen nach einem Prozessabbruch.

Anwalt entlarvt Geheimdeal

Dazu kommen neue Details zu Fehlern der Staatsanwaltschaft. Das Problem: Die Tötungsvorwürfe der Ermittler basieren fast ausschliesslich auf Kronzeuge Yilmaz B.* Nur: «Seine Aussagen waren gekauft. Wir haben es in diesem Fall mit geheimen Manipulationen zu tun», sagt Verteidiger Otmar Kurath.

«Es ist ein Skandal!»
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Verteidiger Otmar Kurath kritisiert die Staatsanwaltschaft:«Es ist ein Skandal!»

Er legt Beweise zum Geheimdeal vor: Der Verteidiger von B. hat auf seiner Honorarnote neun Stunden für ein heimliches Treffen mit der Staatsanwaltschaft angegeben. Die Gespräche tauchen in den Akten nicht auf. Ein Protokoll? Fehlanzeige!

Mit einem fairen Verfahren habe das nichts mehr zu tun. «Es spielten sich sonderbare Dinge ab, die es in einem funktionierenden Rechtsstaat nicht geben darf», fügt Kurath an. Absurd: Der Kronzeuge der Staatsanwaltschaft ist für mehrere Anwälte der eigentliche Hauptverdächtige. 

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