Kindermädchen sind gefragt. Seit 2002 sind die Geburtenzahlen in der Stadt Zürich um rund 50 Prozent gestiegen. Der Nanny-Markt wächst dementsprechend. Immer häufiger werden Nannys von gut verdienenden Eltern für die Betreuung ihrer Kinder beauftragt, wie die aktuelle Recherche «Baby Boom – Nanny Boom?» im Auftrag der Fachstelle für Gleichstellung der Stadt Zürich zeigt.
Insgesamt zwei Drittel (genau: 65 Prozent) der Stadtzürcher Haushalte mit Kindern unter sechs Jahren nutzen familienergänzende Kinderbetreuung. Zehn Prozent greifen dabei auf informelle Betreuungspersonen zurück – darunter vermehrt auch Nannys. Ludka K.* (38) ist eine von ihnen. Mit BLICK spricht sie über ihre Erfahrungen.
Die Slowakin arbeitet seit 20 Jahren als Kindermädchen – die vergangenen zehn davon in der Schweiz. Anfangs war sie als Au-pair in London, dann als Nanny in München und Dublin. Sie hat schon für Anwälte, Unternehmer und Top-Banker gearbeitet.
Zurzeit bei einem Akademiker-Ehepaar angestellt
Seit eineinhalb Jahren ist sie im 50-Prozent-Pensum zwei Tage die Woche bei einem Akademikerpaar in Neftenbach ZH fest angestellt. Ihr Gehalt: 2800 Franken netto. Die übrigen Tage ist sie auf Abruf für eine Nanny-Agentur tätig. Das verlangt viel Flexibilität – auch an den Wochenenden. «Aber ich bin Nanny aus Leidenschaft», sagt K. zu BLICK.
Wenn auch die Löhne stark schwanken, die Arbeit sei immer die gleiche. «Als Nanny kümmere ich mich in erster Linie um das Kind.» Pro Stunde verlangt K. 35 Franken. Aber: «Ich kenne auch eine Nanny, die 60 Franken nimmt.» Für sie ist der Lohn zweitrangig. Doch auch die Slowakin weiss, wie wichtig in der Branche Berufserfahrung und Qualifikationen sind. Darum hat sie in der Schweiz eine Zusatzausbildung als Hebamme und den Nothelferkurs für Kleinkinder gemacht.
Arbeitsbedingungen schwanken stark
Doch die Arbeitsbedingungen im Arbeitsmarkt Privathaushalt sind kaum reguliert und schlecht zu kontrollieren. Elf- bis Zwölf-Stunden-Tage sind die Regel. Auch wenn für Nannys der nationale Normalarbeitsvertrag Hauswirtschaft gilt und somit auch ein Recht auf einen Mindestlohn, halten sich nicht alle Arbeitgeber daran. So gaben im Zuge der Recherche «Baby Boom – Nanny Boom?» Kindermädchen an, dass die Lohnvorstellung statt zwischen 25 und 35 Franken pro Stunde seitens der Arbeitgeber durchaus auch unter 20 Franken lag.
Dass Nannys finanziell ausgebeutet werden, davon hat K. nur gehört. Ihr selbst sei das noch nie passiert, dafür bekam sie schon unmoralische Angebote. Zum Beispiel: «Ich habe 2004 bei einer Familie mit zwei Kindern in München gearbeitet. Irgendwann haben die beiden mich gefragt, ob ich einen Dreier mit ihnen will.» Sie verneinte – und wurde daraufhin kurzerhand gekündigt. Nicht die einzige schräge Erfahrung in K.s Karriere als Kindermädchen.
Formel-1-Profi blitzt bei Nanny ab – weil er unhöflich war
Vor zwei Jahren reiste die Nanny wegen eines Jobangebots nach Helsinki. Dort traf sie einen bekannten Formel-1-Fahrer und seine Frau zum Vorstellungsgespräch. Der Rennfahrer hinterliess bei K. einen bleibenden Eindruck – wenn auch keinen guten. «Ich sass mit seiner Frau am Tisch, und er kam mit seinem Mittagessen rein und hat sich mit dem Rücken zu mir hingesetzt», sagt die Nanny. «Er war total unhöflich.» Das Jobangebot des zweifachen Vaters schlug sie darum aus.
Meist aber hatte sie mit ihren Arbeitgebern Glück. So erinnert sie sich etwa gerne an ihre Zeit als Nanny bei einer Familie in Küsnacht ZH zurück, wo sie fünf Jahre lang arbeitete und lebte. Ihr Vollzeitlohn: 2900 Franken netto. Wobei sämtliche Lebenshaltungskosten gedeckt waren und sie die Familie auf ihren Reisen begleitete – etwa nach Mauritius, Mallorca, Israel oder Ibiza. Einzig für Krankenkasse und Telefon musste sie selbst aufkommen.
«Der Job kann lukrativ sein. Trotzdem sollte man als Nanny nur arbeiten, wenn man mit Herz dabei ist – nicht wegen des Geldes», sagt K. Irgendwann möchte die Nanny auch eigene Kinder. Dafür würde sie ihren Nanny-Job dann auch schweren Herzens an den Nagel hängen – und stattdessen als Tagesmutter arbeiten.
*Name bekannt
Nicht jeder kann sich eine Nanny leisten. «Sie sind nur etwas für Gutverdienende. Grösstenteils sind es Akademiker», sagt Karin Kälin, Präsidentin des Nanny Vereins Schweiz zu BLICK.
Die Beweggründe, eine Nanny zu engagieren, sind laut Kälin vielfältig. Manche Eltern wollen nicht, dass ihre Kinder derart früh ihr vertrautes Umfeld verlassen müssen. In anderen Fällen kommen Kinder in einer Kita nicht klar. «Der Ablösungsprozess von den Eltern ist in Kitas schwieriger», sagt Kälin. «Nannys können individuell auf die Kinder eingehen und diese in schwierigen Situationen besser auffangen.» Oft aber ist der Entscheid für eine Nanny auch karrierebedingt – um den Spagat zwischen Familie und Beruf zu meistern.
Wer ein Kindermädchen auf Vollzeitbasis, also vier Tage die Woche à elf Stunden, beschäftigen möchte, muss für eine erfahrene Nanny mit entsprechender Ausbildung rund 5000 Franken budgetieren. Nannys ohne Erfahrung kosten rund 3800 Franken pro Monat.
Zum Vergleich: Ein nicht subventionierter Kita-Platz in der Stadt Zürich kostet bei einer ganztägigen Betreuung pro Kind rund 2500 Franken monatlich. Die Expertin dazu: «Da Gutverdiener auf einen subventionierten Platz meist keinen Anspruch haben, lohnt sich eine Nanny oft schon ab zwei Kindern, mit Sicherheit aber ab drei.» Dominique Rais
Nicht jeder kann sich eine Nanny leisten. «Sie sind nur etwas für Gutverdienende. Grösstenteils sind es Akademiker», sagt Karin Kälin, Präsidentin des Nanny Vereins Schweiz zu BLICK.
Die Beweggründe, eine Nanny zu engagieren, sind laut Kälin vielfältig. Manche Eltern wollen nicht, dass ihre Kinder derart früh ihr vertrautes Umfeld verlassen müssen. In anderen Fällen kommen Kinder in einer Kita nicht klar. «Der Ablösungsprozess von den Eltern ist in Kitas schwieriger», sagt Kälin. «Nannys können individuell auf die Kinder eingehen und diese in schwierigen Situationen besser auffangen.» Oft aber ist der Entscheid für eine Nanny auch karrierebedingt – um den Spagat zwischen Familie und Beruf zu meistern.
Wer ein Kindermädchen auf Vollzeitbasis, also vier Tage die Woche à elf Stunden, beschäftigen möchte, muss für eine erfahrene Nanny mit entsprechender Ausbildung rund 5000 Franken budgetieren. Nannys ohne Erfahrung kosten rund 3800 Franken pro Monat.
Zum Vergleich: Ein nicht subventionierter Kita-Platz in der Stadt Zürich kostet bei einer ganztägigen Betreuung pro Kind rund 2500 Franken monatlich. Die Expertin dazu: «Da Gutverdiener auf einen subventionierten Platz meist keinen Anspruch haben, lohnt sich eine Nanny oft schon ab zwei Kindern, mit Sicherheit aber ab drei.» Dominique Rais
Nanny
Die Nanny ist die rechte Hand der Eltern. Sie ist nicht nur für die Kinderbetreuung verantwortlich, sondern übernimmt auch eine wichtige Rolle bei der Erziehung, Ernährung und Förderung der Zöglinge. Zudem ist sie auch für kleine Hausarbeiten zuständig, die in Zusammenhang mit den Kindern anfallen. Eine qualifizierte Nanny hat entweder eine Ausbildung als Kindergärtnerin, Kinderkrankenschwester oder Betreuungsfachfrau oder sie hat den Lehrgang Nanny SRK absolviert. Die Betreuung durch eine Nanny ist in der Regel langfristiger Natur, wobei sie als Live-out-Nanny in ihrer eigenen Wohnung lebt – in manchen Fällen auch als Live-in-Nanny bei der Familie.
Tagesmutter
Die Betreuung von Kindern durch eine Tagesmutter findet in familiärer Umgebung zu Hause bei der Anbieterin statt. Sie betreut bis zu fünf Kinder gleichzeitig (wenn diese unter 1½ Jahren sind, maximal drei). Durch das Zusammensein mit anderen Kindern während der Betreuung werden so auch die sozialen Kompetenzen gefördert. Eine qualifizierte Tagesmutter sollte den Grundkurs «Tagesfamilie» abgeschlossen haben.
Au-pair
Au-pairs übernehmen bei einer Gastfamilie im In- oder Ausland die Beaufsichtigung der Kinder, wobei sie im Gegenzug Kost und Logis sowie ein Taschengeld bekommen. Die Gastfamilien müssen Au-pairs zudem die Teilnahme an einem Sprachkurs ermöglichen – und diesen auch finanzieren. Da sie als Lernende einen Praktikantenstatus haben, dürfen sie nicht länger als zwei Stunden mit den Kindern alleine gelassen werden.
Babysitter
Ein Babysitter kümmert sich stundenweise um Babys und Kleinkinder. Dabei handelt es sich oft um Schülerinnen oder Studenten, die sich so etwas dazuverdienen. Für erzieherische Massnahmen sind Babysitter nicht verantwortlich, weswegen sie auch keine pädagogische Ausbildung brauchen. Beim Babysitten geht es lediglich um die Betreuung der Kinder, damit diese in Abwesenheit der Eltern nicht alleine sind. Das Mindestalter für Babysitter ist 13. Dominique Rais
Nanny
Die Nanny ist die rechte Hand der Eltern. Sie ist nicht nur für die Kinderbetreuung verantwortlich, sondern übernimmt auch eine wichtige Rolle bei der Erziehung, Ernährung und Förderung der Zöglinge. Zudem ist sie auch für kleine Hausarbeiten zuständig, die in Zusammenhang mit den Kindern anfallen. Eine qualifizierte Nanny hat entweder eine Ausbildung als Kindergärtnerin, Kinderkrankenschwester oder Betreuungsfachfrau oder sie hat den Lehrgang Nanny SRK absolviert. Die Betreuung durch eine Nanny ist in der Regel langfristiger Natur, wobei sie als Live-out-Nanny in ihrer eigenen Wohnung lebt – in manchen Fällen auch als Live-in-Nanny bei der Familie.
Tagesmutter
Die Betreuung von Kindern durch eine Tagesmutter findet in familiärer Umgebung zu Hause bei der Anbieterin statt. Sie betreut bis zu fünf Kinder gleichzeitig (wenn diese unter 1½ Jahren sind, maximal drei). Durch das Zusammensein mit anderen Kindern während der Betreuung werden so auch die sozialen Kompetenzen gefördert. Eine qualifizierte Tagesmutter sollte den Grundkurs «Tagesfamilie» abgeschlossen haben.
Au-pair
Au-pairs übernehmen bei einer Gastfamilie im In- oder Ausland die Beaufsichtigung der Kinder, wobei sie im Gegenzug Kost und Logis sowie ein Taschengeld bekommen. Die Gastfamilien müssen Au-pairs zudem die Teilnahme an einem Sprachkurs ermöglichen – und diesen auch finanzieren. Da sie als Lernende einen Praktikantenstatus haben, dürfen sie nicht länger als zwei Stunden mit den Kindern alleine gelassen werden.
Babysitter
Ein Babysitter kümmert sich stundenweise um Babys und Kleinkinder. Dabei handelt es sich oft um Schülerinnen oder Studenten, die sich so etwas dazuverdienen. Für erzieherische Massnahmen sind Babysitter nicht verantwortlich, weswegen sie auch keine pädagogische Ausbildung brauchen. Beim Babysitten geht es lediglich um die Betreuung der Kinder, damit diese in Abwesenheit der Eltern nicht alleine sind. Das Mindestalter für Babysitter ist 13. Dominique Rais