Nachdem im Herbst 2008 mehrere Nacktwanderer im Alpstein aufgetaucht waren, verbot Appenzell Innerrhoden 2009 die Nackedeis auf Wanderwegen. Seither besteht eine Strafnorm, die explizit das Nacktwandern verbietet. Vor dem Bezirksgericht waren die Fälle von zwei Nudisten pendent, welche die verhängten Bussen über 200 Franken angefochten hatten.
Mit einem Grundsatzentscheid stellte sich das Bundesgericht den Anhängern des unverhüllten Naturerlebnisses in den Weg. Als Reaktion auf das Urteil zogen die beiden Nacktwanderer ihre Einsprachen gegen Strafbefehle wegen anstössigen Verhaltens zurück.
In Appenzell Innerrhoden seien Nacktwanderer seit dem Bundesgerichtsurteil kein Thema mehr, sagt Herbert Brogli, leitender Staatsanwalt von Appenzeller Innerrhoden, gegenüber der Nachrichtenagentur sda. Im Sommer nach dem Urteil geisterte kurz ein Nackt-Fallschirmflieger, der in Wasserauen gelandet war, durch die Medien. Er habe von der Polizei aber nicht mehr angetroffen werden können.
«Die Strafnorm war nicht überflüssig», sagt Brogli. Ohne die Norm würden Puistola Grottenpösch und Co. wohl immer noch nackt durch den Alpstein wandern. Puistola Grottenpösch ist das Pseudonym eines Ostschweizers. Er gilt als Sprachrohr der Schweizer Nacktwanderer. Puistola vertrat 2010 einen Nacktwanderer vor dem Ausserrhoder Obergericht.
Der Mann war im Oktober 2009 im Nieschberg bei Herisau AR nackt unterwegs gewesen. Er wanderte unter anderem an einer Feuerstelle vorbei, wo sich eine Familie mit Kleinkindern aufhielt. Zudem passierte er ein christlich geführtes Rehabilitationszentrum für Drogenabhängige.
Eine Passantin stellte ihn zur Rede und erstattete Anzeige. Das Bundesgericht bestätigte Ende 2011 die im Kanton Appenzell Ausserrhoden verhängte Busse von 100 Franken. Die Busse bezahlen musste der Betroffene dann doch nicht, und zwar wegen Verjährung.
In Appenzell Ausserrhoden wurde seit 2009 kein Nacktwanderer mehr gebüsst. «Weder die Polizei noch die Staatsanwaltschaft jagen oder suchen Nacktwanderer», erklärt Christian Bötschi, leitender Staatsanwalt von Appenzell Ausserrhoden.
Die letzten Urteile wegen «grober Verletzung von Sitte und Anstand» hätten andere unanständige Verhaltensweisen, etwa Urinieren auf öffentlichem Grund und vor Publikum betroffen, nicht aber das Nacktwandern. «Wir wissen allerdings auch nicht, wie hoch die Dunkelziffer ist, da uns schlicht entsprechende Meldungen oder Anzeigen fehlen», so Bötschi.
Und Puistola Grottenpösch? Seine Spur verliert sich im November 2015. Damals schrieb er in einem Blog: «Diesen herrlichen Martinisommer haben wir für etliche Wanderungen in den Voralpen von AI, SG, GR, SZ und Vorarlberg genutzt. Wenn es der kühle Wind nahelegte, mit Kleidern, sonst ohne.»