Als Gastgeber der Fussball-WM hatte Russland im Sommer sein Visa-Regime gelockert – Tausende Schweizer nutzten das seltene Angebot. Die sogenannte Fan-ID, mit der man sich an den WM-Stadien ausweisen musste, galt auch als Visum. Sie durfte sogar bis Ende 2018 so verwendet werden. Stanislaw Smirnow, Sprecher der russischen Botschaft in Bern: «Es war eine freundschaftliche Geste, wir wollten den Leuten Russland näherbringen.»
Recherchen des SonntagsBlicks zeigen: Dutzenden Schweizern gefiel dies offenbar so gut, dass sie auch Monate nach der WM in Russland blieben, dank der Fan-ID sogar ungehindert ein- oder ausreisten. Das entging auch den russischen Behörden nicht. Kurz vor dem Auslaufen der WM-Regelung informierte Moskau die Schweizer Behörden über die Lage.
Fan-Visa sind abgelaufen
Das EDA sei von der Botschaft in Bern informiert worden, bestätigen beide gegenüber SonntagsBlick. «81 Schweizer hielten sich gemäss russischen Angaben am 25. Dezember in Russland auf, was zu diesem Zeitpunkt noch legal war», schreibt das Aussendepartement (EDA).
Zum 1. Januar seien die Fan-Visa abgelaufen, teilt Smirnow mit: «Nach unserer Meldung blieb den Schweizer Bürgern eine Woche Zeit, um auszureisen.»
Vermutlich schafften das nicht alle. Einige Schweizer halten sich wohl weiter in Russland auf – nun aber illegal: wie viele, ist unklar. Der EDA-Sprecher: «Wir rechnen nicht damit, dass sich in den nächsten Tagen 81 in Russland blockierte Schweizer bei der Botschaft melden. Es kann aber schon sein, dass der eine oder andere noch im Land ist.»
Moskau bittet um Personenliste
«Derzeit verfügt die russische Botschaft über keine Informationen darüber, wie viele Schweizer sich in Russland ausserhalb der erlaubten Fristen aufhalten», so deren Sprecher Smirnow.
Auch um wen es sich handelt, bleibt rätselhaft: Man habe dazu keine Angaben, weil die Fan-ID nicht über die Botschaft ausgegeben worden sei, so Smirnow: «Auskünfte in dieser Sache könnte die Schweizer Botschaft in Moskau erteilen.»
Das EDA hingegen meldet, die Schweizer Botschaft habe das Aussenministerium in Moskau um eine Personenliste gebeten, die aber sei aus Datenschutzgründen nicht ausgehändigt worden.
Wer sich illegal in Russland aufhält, wird gebüsst
Haben sie sich in eine russische Schönheit verliebt, gingen sie in Fluten von Wodka oder gar in Sibirien verloren? Über Beweggründe kann nur spekuliert werden. Eine These: Es könnte sich um Schweizer mit russischen Wurzeln handeln, die den Besuch in der alten Heimat länger ausgekostet haben.
Wer sich illegal in Russland aufhält, wird gebüsst. Dazu kommen Schwierigkeiten bei der Ausreise und künftigen Einreisen. Das EDA teilt vorsorglich mit, dass die Botschaft in Moskau Schweizer berate, denen nach Ablauf ihrer Visa strafrechtliche Konsequenzen drohen.