Er wollte dem Killer seines Vaters ins Gesicht schauen
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Mord von Winznau SO:Er wollte dem Killer seines Vaters ins Gesicht schauen

Mord von Winznau SO – Sohn reiste extra aus Deutschland an
Er wollte dem Killer seines Vaters ins Gesicht schauen

Er hat im Zorn auf einen vermeintlichen Kollegen geschossen und dabei einen unbeteiligten Familienvater getötet: der italienische Teilzeitmaler Alessandro M. (43). Vor Gericht bricht er in Tränen aus. Extra angereist und auch im Saal: der Sohn des Todesopfers.
Publiziert: 21.10.2020 um 20:31 Uhr
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Aktualisiert: 21.10.2020 um 23:29 Uhr
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In diesem Haus in Winznau wurde G. (†32) ermordet.
Foto: STEFAN BOHRER
Beat Michel

Im Gerichtsgebäude des Richteramts Olten-Gösgen SO gelten am Mittwoch strengere Sicherheitsvorschriften als üblich. Die Polizei durchsucht alle Besucher mit dem Metalldetektor. Der Angeklagte ist mit Hand- und Fussfesseln gesichert. Es ist klar warum: Alessandro M.* (43) ist ein schwerer Junge. Er kooperiert nicht mit den Behörden und ist offensichtlich ein Sicherheitsrisiko.

Der Teilzeit-Maler steht vor Gericht, weil er am 4. Juli 2016 den Kosovaren Arben G.* (†32) im Keller-Badezimmer eines Hauses in Winznau SO mit vier Schüssen getötet haben soll (BLICK berichtete). Dabei wollte der Italiener laut Anklageschrift gar nicht diesen Mann erschiessen, sondern seinen Kumpel Nermin D. – als er die Verwechslung bemerkte, war es zu spät.

Rasende Suche nach der Ex-Freundin

Der Grund für die tödliche Attacke: Er war zornig, weil seine damalige Freundin vor ein paar Monaten mit ihm Schluss gemacht hatte. Seither belästigte der Italiener sie mit Drohbotschaften auf Facebook – und versuchte vergeblich ihre neue Adresse herauszufinden. Weil der gemeinsame Bekannte Nermin D. ihm dabei nicht helfen wollte, beschloss er, ihn mit dem Tod zu bestrafen.

Am Prozess bricht Alessandro M. bei der Befragung in Tränen aus. «Mi sento male» («Mir geht es schlecht»), sagt er immer wieder. Als der Vorsitzende des Gerichts fragt warum, hat er keine Antwort. Dann doch: «Es ist ein Mensch gestorben!» Reue zeigt er keine, auch zur Tat beantwortet er keine Fragen.

Sohn des Toten extra aus Deutschland angereist

Im Gerichtssaal sitzt auch Luan G.* (18), der Sohn des Mordopfers. Der Gymnasiast ist extra aus Heidelberg (D) angereist, um den Prozess mitzuverfolgen: «Ich habe lange auf den Tag gewartet. Ich wollte dem Mörder meines Vaters ins Gesicht sehen. Dass er so geweint hat, ist für mich ein Zeichen, dass er es gewesen ist.» Der junge Mann will seine Wut nicht verstecken und sagt: «Er soll jeden Tag leiden und an seine Tat erinnert werden!»

Weil die Verteidigerin dienstags noch Briefe des Angeklagten an die Hinterbliebenen einreichte, wird der Prozess unterbrochen. Am Donnerstag folgen Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigung. Bei einer Verurteilung wegen Mord droht Alessandro M. eine lebenslängliche Haftstrafe – mit Verwahrung. Das Urteil soll am 2. November erfolgen.

*Namen d. Red. bekannt

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