Ein Einfamilienhaus in Wangen bei Olten SO wird zum Schauplatz eines Verbrechens: Am Samstagmittag fährt die Polizei vor und macht eine schreckliche Entdeckung. Im Innern liegen die Leichen von Kerim D.* (†61) und seiner Ehefrau Aliya S.* (†30). Alles deutet darauf hin, dass der tunesischstämmige Deutsche seine tunesische Frau getötet hat – und sich danach selbst richtete.
Schon am Freitagmittag seien die Vorhänge im Erdgeschoss des Reihenhäuschens nicht wie gewöhnlich geöffnet worden, sagt eine Nachbarin des Ehepaars zu BLICK. Das sei ungewöhnlich. «Auch das Licht wurde abends nicht eingeschaltet», sagt die ältere Frau. «Ich glaubte, sie seien weggefahren oder so – aber ich dachte doch nicht an ein Tötungsdelikt! So etwas hätte ich ihm dann trotzdem nicht zugetraut, auch wenn er ein schwieriger und überhaupt kein herzlicher Mensch war.»
Sohn holte Polizei
Am Samstagvormittag tauchte dann Kerim D.s Sohn bei der Nachbarin auf, wollte wissen, wann sie seinen Vater zum letzten Mal gesehen habe. «Ich konnte es ihm nicht einmal sagen», erzählt sie. Dann habe der Sohn die Polizei geholt. Diese fand im Reihenhaus die beiden Toten.
«Wir wissen nicht, wie er sie getötet hat, aber wohl nicht mit einer Schusswaffe, denn das hätten wir gehört», so die Nachbarin. Über Kerim D., der als Nachtwächter in einer Klinik arbeitete, verliert sie kein gutes Wort. «Er hatte immer wieder andere Frauen, die meisten blieben nicht lange.»
Und über sie herrschte Kerim D.: «Er verbot seiner Frau, mit anderen zu reden, er zog sie sogar von den Leuten weg, wenn sie schon nur grüssten. Er war sehr stur, machte wegen allem Theater.»
Sie bat um Unterstützung für ihre Familie
Eine andere Nachbarin aus den Reihenhäusern hätte mit der getöteten Tunesierin sogar in deren Muttersprache reden können. «Aber wir haben uns nur ein einziges Mal unterhalten – als der Mann nicht dabei war.»
Geheiratet hatte Kerim D. seine Aliya im April 2019. Im Herbst holte er sie von Tunesien in die Schweiz. Die Nachbarin weiss: «Aliya war eine gute Frau. Sie hat mit Liebe gekocht und postete die Bilder davon immer auf Facebook. Aber dort schrieb sie auch, dass sie verzweifelt sei.»
Denn Aliyas Familie in Tunesien sei arm, zudem habe sie eine behinderte Schwester. «Sie fragte, ob jemand ihre Familie finanziell unterstützen würde. Denn sie selber dürfe nicht arbeiten gehen und ihr Mann gebe ihr kein Geld.»
«Sie kriegen ihre Tochter im Sarg zurück»
Unterdessen nahm die Nachbarin schon Kontakt zur Familie der Verstorbenen in Tunesien auf. «Ich habe meine Hilfe angeboten. Sie tun mir so leid. Sie schickten ihre Tochter mit der Hoffnung in die Schweiz, dass sie dort arbeiten und ein gutes Leben führen kann, sie vielleicht auch unterstützen werde. Stattdessen bekommen sie ein Jahr später ihre Tochter in einem Sarg zurück.»
Wie Aliyas Familie die Überführung der Toten in ihre Heimat bezahlen soll, ist unklar. «Derzeit stehen sie noch unter Schock und wollen noch gar nicht wahrhaben, dass er sie getötet hat.»
* Namen geändert