Der Gang zum Sozialamt ist schwer. Viele Bezüger schämen sich für die finanzielle Stütze vom Staat. Sie haben Angst, darüber zu sprechen, sehen ihren sozialen Ruf ernsthaft gefährdet. Deshalb ist die Identität der Empfänger bei den Gemeinden streng vertraulich. Einzig autorisierte Mitarbeiter haben Zugriff auf die Daten.
Pikante Details von 27 Personen
Trotzdem gelangte nun in Boswil AG eine Liste mit Sozialhilfeempfängern vom Februar 2018 öffentlich in Umlauf. Auch BLICK liegen die Daten vor. Auf der Liste stehen 27 Einwohner namentlich und mit Alter. 21 von ihnen erhalten aktuell Sozialhilfe. Bei drei Personen steht der Entscheid noch offen. Zuerst will die Gemeinde ihre Lohnabrechnung abwarten.
Auf der Liste steht auch Sozialhilfeempfängerin M.S.* (53), die den Vorfall publik macht. «Ich verlangte von den Sozialen Diensten der Gemeinde Boswil Informationen zu meinen Fall», sagt sie zu BLICK. «Leiterin Beatrice Villiger schickte mir daraufhin versehentlich die Daten anderer Empfänger!»
S. ist sauer: «Mir ging sofort durch den Kopf, wer die Liste wohl sonst noch erhalten hat. So etwas darf nicht passieren. Das zeigt mir, dass die Personen vom Amt überfordert sind.» Es scheine so, findet S., als wären die Sozialen Dienste Boswil ein Familienbetrieb.
Die Frau bezog selbst ein Jahr Sozialhilfe und arbeitete dazwischen immer wieder temporär. Etwa im Call-Center und bei Coop als Geschenk-Einpackerin. Sie stellt klar: «Ich bin nicht faul. Trotzdem fühlte ich mich vom Sozialamt Boswil von oben herab behandelt.»
Gemeinde spricht von einmaligem Fehler
BLICK hat Beatrice Villiger, Leiterin der Abteilung Soziale Dienste, mit dem Datenleck konfrontiert. Der Sozialarbeiterin tut der Vorfall leid: «Uns ist bewusst, dass uns hier ein einmaliger Fehler unterlaufen ist, der so keinesfalls hätte passieren dürfen», schreibt sie in ihrer Stellungnahme. «Dafür entschuldigen wir uns aufrichtig.»
Man lege grossen Wert auf Datenschutz und Schweigepflicht. Deshalb seien die erforderlichen Massnahmen, einen weiteren solchen Fehler zu verhindern, bereits ergriffen und umgesetzt worden.
Auf die Frage, ob die Personen auf der Liste über den sensiblen Datenumlauf informiert werden, ging die Gemeinde nicht ein.
* Name der Redaktion bekannt
Das Gesetz ist eigentlich klar: Behörden und Beamte müssen heikle Daten der Bürger schützen. Trotzdem ist es in der Vergangenheit mehrfach zu Pannen gekommen. Blick am Abend hat die jüngsten Vorfälle zusammengefasst:
Sozialhilfe im Internet: Die Gemeinde Effingen AG publizierte vergangenen November sämtliche Sozialhilfe-Empfänger namentlich auf ihrer Website. Die Panne wurde durch einen aufmerksamen Bürger publik gemacht, die Gemeinde musste sich bei den Betroffenen entschuldigen.
Steuerdaten auf dem Trottoir: In Schaffhausen wurden alte Steuererklärungen sorglos und frei zugänglich in einem öffentlichen Container entsorgt. Steuergeheimnis ade! Spaziergänger erhielten Einblick in Einkommen und Vermögen von fremden Personen. Der kantonale Datenschützer kritisierte die Stadt scharf.
Falscher Major: Die «beste Armee» der Welt liess sich von einem Fake-Major narren. Cedric Schild, Redaktor beim Magazin «Izzy», gab sich am Telefon als Militär-Kader aus und erhielt Einsicht in sensible Wachplan-Unterlagen. Das Internet amüsierte sich über die Panne, die Armee drohte mit rechtlichen Schritten. (pma)
Das Gesetz ist eigentlich klar: Behörden und Beamte müssen heikle Daten der Bürger schützen. Trotzdem ist es in der Vergangenheit mehrfach zu Pannen gekommen. Blick am Abend hat die jüngsten Vorfälle zusammengefasst:
Sozialhilfe im Internet: Die Gemeinde Effingen AG publizierte vergangenen November sämtliche Sozialhilfe-Empfänger namentlich auf ihrer Website. Die Panne wurde durch einen aufmerksamen Bürger publik gemacht, die Gemeinde musste sich bei den Betroffenen entschuldigen.
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