Goldene Felgen, glänzender Lack, brummende Motoren: Rund 20 getunte Poser-Karren stehen in einer Tiefgarage in Oftringen AG in Reih und Glied. Daneben stolz ihre Besitzer, sie trinken Eistee und Energydrinks. Einige rauchen. «Wenn es regnet, chillen wir hier», sagt Muli* (22, BMW 335i, 306 PS), der das Treffen mit BLICK organisiert hat. Eventuell fahre halt eine Streife vorbei. Muli: «Die Polizei weiss, dass wir uns ab und zu hier treffen.»
«Wir reden immer darüber, wer in nächster Zeit an seinem Auto etwas macht. Man holt sich einen Rat ein oder fachsimpelt», erzählt Antonio* (24, Nissan GTR 35, 550 PS). Hakan A.** (25, Suzuki GSXR600, 125 PS) ergänzt: «Meine anderen Freunde, die sich nicht für Motoren interessieren, langweilt das.»
Polizei verschärfte Kontrollen
Seit Corona ist die Polizei besonders scharf auf Tuner, Poser und Raser. In vielen Kantonen haben gezielte Kontrollen zugenommen – zu oft fühlen sich andere vom Lärm belästigt. Auch die Politik fordert Massnahmen. BLICK lässt sich die Welt der Auto-Poser von ihnen selbst zeigen. Aufgefahren sind Türken, Kosovaren, Serben, Portugiesen, Tamilen und Schweizer.
Die jungen Männer wollen beweisen, dass sie mit Rasern nichts am Hut haben. Die wenigsten von ihnen mussten je den Ausweis abgeben. Es gehe bei den Autos mehr um die Optik als um die Leistung – auch wenn bei Letzterer ebenso viel rausgeholt werde. Von Alters- und PS-Beschränkungen halten sie nichts.
In der Schweiz sei tuningmässig zu wenig erlaubt
Dass sie an ihren Autos teilweise illegal was ändern, geben sie verhalten zu. Muli: «In der Schweiz ist so wenig erlaubt, deshalb machen wir manches unerlaubt – weil wir es geil finden. Dass uns die Polizei die Autos wegnimmt, ist dann eben das Risiko dabei.» Das sei wie Sex ohne Kondom: risikoreicher, aber besser.
Die Polizei hat Mulis BMW auch schon beschlagnahmt, er hatte den Katalysator ausgebaut. Eine Stilllegung sei ärgerlich, doch nach zwei Wochen erhalten die Besitzer ihr Auto zurück. Sie müssen die Änderungen rückgängig machen und wieder zur Fahrzeugkontrolle. «Das kostete einiges. Ich habe daraus gelernt», so Muli.
Der Reiz des Illegalen
Über Legalität streiten sich die Tuner. «Wenn das Auto einen Zentimeter zu tief ist, hat das nichts mit Sicherheit zu tun. Einer mit einem tiefergelegten Auto fährt viel vorsichtiger», so Lorenzo* (23, Alfa Romeo Giulia, 510 PS). «Manche Normalos sind mit abgefahrenen Bremsen unterwegs. So etwas würden wir nie tun! Wir stecken viel Liebe und Zeit in unsere Autos.» Dass sie allerdings lärmende Auspuffklappen toll finden, geben alle offen zu.
Leider sei es teuer, alles im Fahrzeugausweis eintragen zu lassen. Der Reiz, illegale und damit billigere Änderungen vorzunehmen, ist daher gross. Ihre Autos sind alle geleast. Lorenzo: «Was ist daran falsch? Ich bezahle ja Anzahlung und Raten, und nach vier Jahren gehört das Auto mir.»
Dardy* (22, BMW M5 F10, 575 PS) meint: «Schweizer ziehen mit 18 von zu Hause aus, wir wohnen lieber bei den Eltern, sparen Geld und geben es fürs Auto aus.» Andere Kollegen von ihm verprassten ihre Kohle für Drogen. «Ich stecke mein Geld lieber ins Auto.»
«Mit uns macht man einfaches Geld»
Die verschärften Poser-Kontrollen ärgern die Szene. Lewis* (24, BMW M4 CS, 470 PS) glaubt: «Die machen mit uns halt einfaches Geld.» Strafbefehle wegen seines Autos hat er einige gesammelt. «Aber solange ich keinen Eintrag im Strafregister habe, gibts keine Probleme im Job. Bei einem Raserdelikt schon. Deshalb fahre ich anständig.»
Alle sind sich sicher: «Die Polizei mobbt uns.» Dejan* (23, BMW M2 Competition, 410 PS) sagt: «Die Polizisten grüssen manchmal nicht einmal. Und suchen, bis sie was haben.» Bei einem Kollegen wurde nach ausgedehnter Kontrolle eine Plastik- statt einer Metallschraube am Spoiler entdeckt. Das sei lächerlich.
Lorenzo erzählt: «Mir sagte mal einer: ‹Das gibt eine Anzeige.› Noch bevor er das Auto unter die Lupe nahm.» Hakan A. berichtet, dass er im selben Auto in fünf Monaten über 20-mal in Kontrollen geraten sei. «Sehen die einen südländischen Lenker, wird er garantiert kontrolliert. Und der Schweizer, bei dem der Katalysator fehlt, kann durch.»
Kantonspolizei kontert: «Wir kontrollieren mit Augenmass»
Die Kantonspolizei Aargau weist alle Vorwürfe zurück. Sprecher Bernhard Graser: «Bei uns wird mit Augenmass und gesundem Menschenverstand kontrolliert.» Die Fahrzeuge, deren Lenker die Kapo Aargau in den letzten Wochen verzeigte, wiesen schwerwiegende Mängel auf.
Dass die Polizei manche Fahrer wiederholt rauswinke, sei logisch. Graser: «Bei sogenannten Auto-Posern handelt es sich mehrheitlich um junge Männer in leistungsstarken Autos bestimmter Marken. Es liegt in der Natur der Sache, dass solche Wagen wiederholt in Kontrollen geraten.» Wer mit Auspuffknallen und Motorengedröhn gezielt Lärm verursache, der müsse zudem damit rechnen, kontrolliert zu werden.
Die Polizei betont, dass es um die Sicherheit auf den Strassen gehe: «In Autos der obersten Leistungsklasse, die früher einer exklusiven Käuferschaft vorbehalten waren, sitzen heute oft Führerschein-Neulinge. Die Kombination aus fehlender Fahrpraxis, Selbstüberschätzung und der schieren Gewalt solcher Fahrzeuge ist keine gute.»
«Heute wurden wir in Ruhe gelassen»
Die jungen Männer ziehen weiter: Nach der Tiefgarage gehts zu einer Tankstelle in Rothrist AG. Dort decken sich die Auto-Poser mit Süssgetränken und Zigaretten ein. Alk trinkt keiner. Sie hängen bei der Waschanlage herum, zeigen sich Drift-Videos oder einen Clip mit einem Feuer spuckenden Auspuff. «Das ist einer von uns», erzählt Dimitri* (22, BMW 1er M Coupé, 340 PS).
Später fährt der Konvoi zur 24h-Tankstelle in Gunzgen SO, obwohl dort Polizeikontrollen zu befürchten sind. Doch den ganzen Abend tauchte keine Streife auf. Muli: «Das liegt am Regen. Heute wurden wir in Ruhe gelassen.»
* Name geändert
** Name der Redaktion bekannt
Obwohl das Wetter an diesem Wochenende mies war, gingen der Polizei wieder Auto-Poser ins Netz. Im Kanton St. Gallen konnten am Freitag und Samstag drei Autos kontrolliert werden, die technische Mängel vorwiesen oder an denen unerlaubte technische Abänderungen vorgenommen wurden. Die Halter wurden verzeigt. In zwei Fällen mussten die Autos stillgelegt werden.
Auch die Kantonspolizei von Baselland war an diesem Wochenende unterwegs. Polizeisprecherin Barbara Richard: «Bisher konnten wir an diesem Wochenende einen Lenker in Gelterkinden anhalten, dessen Fahrzeug technische Änderungen aufwies, die nicht den Vorschriften entsprechen. Er wird verzeigt und muss sein Fahrzeug bei der Motorfahrzeugkontrolle vorführen.»
Die Polizeien legen ihr Augenmerk vermehrt auf Poser. In Winterthur ZH gab es im vergangenen Jahr 30 Verzeigungen, in diesem sind es schon 100! Der Kantonspolizei Zürich gingen heuer schon 250-mal Fahrer mit unerlaubten Bauteilen oder Ähnlichem ins Netz. Nicolas Lurati
Obwohl das Wetter an diesem Wochenende mies war, gingen der Polizei wieder Auto-Poser ins Netz. Im Kanton St. Gallen konnten am Freitag und Samstag drei Autos kontrolliert werden, die technische Mängel vorwiesen oder an denen unerlaubte technische Abänderungen vorgenommen wurden. Die Halter wurden verzeigt. In zwei Fällen mussten die Autos stillgelegt werden.
Auch die Kantonspolizei von Baselland war an diesem Wochenende unterwegs. Polizeisprecherin Barbara Richard: «Bisher konnten wir an diesem Wochenende einen Lenker in Gelterkinden anhalten, dessen Fahrzeug technische Änderungen aufwies, die nicht den Vorschriften entsprechen. Er wird verzeigt und muss sein Fahrzeug bei der Motorfahrzeugkontrolle vorführen.»
Die Polizeien legen ihr Augenmerk vermehrt auf Poser. In Winterthur ZH gab es im vergangenen Jahr 30 Verzeigungen, in diesem sind es schon 100! Der Kantonspolizei Zürich gingen heuer schon 250-mal Fahrer mit unerlaubten Bauteilen oder Ähnlichem ins Netz. Nicolas Lurati