Seit 30 Jahren lebt Italiener Romeo M.* (51) in der Schweiz. Der Familienvater hat keine Vorstrafen, spricht Schweizerdeutsch und zahlt seine Steuern pünktlich. Trotzdem hat die Gemeinde Arth SZ sein Einbürgerungsgesuch abgelehnt (BLICK berichtete).
Aus zwei Gründen: Der Gemeinde genügen die kulturellen Kenntnisse von M. nicht. Er konnte beispielsweise nicht sagen, ob Bären und Wölfe im Tierpark Goldau im selben Gehege leben – oder eben nicht (Anm. d. Red.: Die Tiere leben im selben Gehege). Zudem ist M. gemäss der Einbürgerungsbehörde zu wenig integriert.
Nun pfeift das Bundesgericht die Behörde zurück. Der Italiener soll den Schweizer Pass erhalten. BLICK hat den Gipser ausfindig gemacht. Er ist erleichtert: «Das Gericht schaute den Fall als Ganzes an.» So heisst es im Urteil auch, die Gemeinde dürfe nicht auf einzelne Kriterien fokussieren.
Das Bundesgericht schmettert ebenso den Vorwurf der ungenügenden Integration ab. Der Gipser führt seit 20 Jahren in der Schweiz ein eigenes Handwerksgeschäft. Es sei «lebensfremd» zu behaupten, er habe keine Kontakte zur einheimischen Bevölkerung.
«Egal, was wir sagten, es passte nicht»
M. dazu: «Meine Familie und ich gingen offen und etwas blauäugig ins Gespräch. Doch egal, was wir sagten, es passte der Behörde nicht. Es war zeitweise wie ein Verhör.» Seine Frau ergänzt: «Wir hatten gemischte Gefühle. Zurück bleibt Wut, Enttäuschung und Unverständnis.» Ihr Mann erklärt, weshalb er Schweizer werden will: «Nach so vielen Jahren möchte ich richtig dazugehören. Für mich heisst das auch, am politischen Prozess teilnehmen zu dürfen.»
Rechtsanwalt Patrick Sutter (43) vertritt den Noch-Italiener. Er freut sich über das Urteil, bleibt aber skeptisch: «Die Einbürgerungsbehörde meldete eine erneute Prüfung an. Es würde mich nicht wundern, wenn wieder eine Retourkutsche kommt.»
Dabei ist der Fall für ihn glasklar. «Ich zweifle keine Sekunde daran, dass die Einbürgerung bei meinem Mandanten zu hundert Prozent angezeigt ist. Seine Frau ist hier geboren, seine Kinder sind in Arth aufgewachsen, und er absolvierte diverse Weiterbildungen auf Deutsch.»
Anwalt: «Behörde ist wie eine Dorfpolizei»
Wie erklärt sich Sutter den Widerstand seitens Gemeinde? «Ich glaube, es ist Übereifer innerhalb der Einbürgerungsbehörde», sagt er. «Es gibt eine seltsame Dynamik, zwingend einen Fehler zu finden. Die Behörde ist wie eine vorgeschobene Dorfpolizei.» So zeigte das Gremium M. sogar an. Er habe eine Liegenschaft in Italien nicht versteuert.
M. ist nicht der einzige Fall im Ort. Auch Schweizer Luan B.* (25) mit Wurzeln im Kosovo musste eine Anwältin einschalten, um in Arth seine Einbürgerung durchzubringen. Obwohl er von klein auf im lokalen FC spielt, eine KV-Lehre abschloss und keine Vorstrafen besitzt.
Die Gemeinde dachte erst, er habe seine Steuern nicht komplett bezahlt. Doch er konnte belegen, dass er eine von zwei provisorischen Steuerrechnungen beglichen hatte. «Ich war verletzt», sagt er zu BLICK. Auch er ärgerte sich über Fragen: «Sie wollten wissen, ob ich bereit sei, eine Schweizerin zu heiraten.»
Gemeinde nimmt Bundesgericht ernst
Als BLICK die Gemeinde auf das jüngste Urteil anspricht, gibt sich diese versöhnlich. «Wir nehmen das Bundesgericht ernst und werden die Person natürlich einbürgern», sagt Gemeindepräsident Ruedi Beeler. Der Fall von M. aus dem Jahr 2015 wurde nach damaligen Kriterien behandelt. Heute erhält die berufliche Integration mehr Gewicht als spezifische Wissensfragen.
Dennoch will die Gemeinde bei ihrer Einbürgerungspraxis nochmals über die Bücher. Beeler dazu: «Wir werfen das Urteil nicht in eine Kiste und gut ist. Ich denke aber nicht, dass Arth Gesuche besonders streng behandelt.» Jährlich werden rund 20 Anträge eingereicht. Von diesen Personen erhält die grosse Mehrheit den Schweizer Pass.
* Namen geändert