Die Schweizer Städte vermelden so viele Demonstrationen wie noch nie. Am stärksten betroffen ist Bern, wo dieses Jahr aller Voraussicht nach erstmals die Zahl von 300 Kundgebungen überschritten wird. Das heisst: Im Durchschnitt muss die Stadt sechs Kundgebungen pro Woche aushalten. An manchen Wochenendtagen haben schon vier Demonstrationen gleichzeitig stattgefunden, schreibt die «SonntagsZeitung». Nicht alle sind bewilligt.
Die zunehmende Protestfreude ärgert nicht nur Anwohner, Pendler und Besucher – für zahlreiche Läden in den Innenstädten ist sie existenzbedrohend. Letzte Woche verschickte die Zürcher Edel-Boutique Escada ihren Kundinnen einen Brief und informierte sie über die Schliessung des Geschäfts.
Grund seien neben der Aufhebung von Parkplätzen und Baustellen vor dem Geschäft die vielen Kundgebungen: «Demonstrationen jeden Samstag halten die Kunden davon ab, in die City zu kommen. Wir sind gezwungen, an solchen Samstagen das Geschäft ganz oder vorzeitig zu schliessen.»
Im Stich gelassen
Von den rot-grünen Politikern fühlt sie sich im Stich gelassen, sagt Béatrice Furrer, die die Boutique 30 Jahre lang führte. «Die sind absolut gewerbefeindlich, denken nicht an die Arbeitsplätze», sagt sie. «Die meinen, das Geld komme von irgendwoher.»
Milan Prenosil vertritt als Präsident der Zürcher City-Vereinigung die Geschäfte der Innenstadt. Er ist auch der Chef der Confiserie Sprüngli und spricht bei gewissen Kundgebungen von Umsatzeinbussen in der Höhe «von mehreren hunderttausend Franken». Vielen Leuten sei es zu mühsam geworden, in die Stadt zum Einkaufen zu kommen, wenn ständig Strassen gesperrt sind und Tramlinien umgeleitet werden. Manchmal komme auch die Angst vor gewalttätigen Demonstranten hinzu.
Der Ärger der Unternehmer ist gross. Sie befürchten, dass die Demonstrationen den Trend zum Online-Shopping noch forcieren. (gf)
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