Sie sind laut, teuer und politisch unkorrekt. Der Ferrari 599 GTB (620 PS), der Lamborghini Gallardo LP 560 (560 PS) und der Maserati GTS (440 PS). Mit ihnen lassen sich Wohnquartiere zudröhnen, Kumpels im Ausgang beeindrucken, Bubenträume erfüllen. Viele Junge sitzen hinter dem Steuer der Boliden, die mehrere Hunderttausend Franken kosten. Und manch einer fragt sich, warum sein Erspartes nur für ein Halbtax reicht.
Doch italienische Asphalt-Geschosse lassen sich stunden- oder tageweise mieten. Die Firma Enjoy Your Dream (EYD) in Sirnach TG lockte mit besonders tiefen Preisen. Den Lamborghini (Neupreis über 200'000 Franken) gab es zu 1699 Franken fürs ganze Wochenende, oft noch billiger. Andere Vermieter verlangen mindestens das Doppelte.
Mehr als 50 Gläubiger
Doch bei EYD haben unzählige Kunden ihre Kautionen nie zurückerhalten, 1000 bis 2000 Franken pro Miete. Die Firma ist mittlerweile pleite. Der Konkurs offenbart jetzt Machenschaften, die Investoren ruinierten, Freundschaften zerstörten und die Zürcher Staatsanwaltschaft beschäftigen. Die hat Verfahren wegen Wirtschaftsdelikten, Freiheitsberaubung und Drohungen eröffnet. Zu einer Verurteilung ist es indes noch nicht gekommen – es gilt die Unschuldsvermutung.
Mehr als 50 Gläubiger verlangen gemäss dem Betreibungsregister insgesamt 2,7 Millionen Franken von Firmengründer David P.* – das ist wohl nur die Spitze des Eisbergs. Denn andere haben die Hoffnung auf Rückzahlung aufgegeben oder setzen auf die Methoden zwielichtiger Schuldeneintreiber.
Die meisten Gläubiger, mit denen der «Beobachter» sprach, gewährten dem 32-jährigen David P. private Darlehen. Dafür erhielten sie auch Sicherheiten: die Sportwagen seiner Firma. Manche Fahrzeuge setzte David P. mehrfach als Pfand ein und verkaufte sie auch noch – obwohl sie ihm gar nicht gehörten. Aber auch in der Konkursmasse seiner Firma tauchen die teuren Boliden nicht auf. Das beunruhigt die Gläubiger. Tatsächlich stellten private Besitzer die Fahrzeuge oft für die Vermietung zur Verfügung. Gemäss den Fahrzeugausweisen war ein Halterwechsel sogar explizit verboten.
In einer Villa gefesselt
Mehrere Autos gehörten laut Firmeninsidern dem Ostschweizer Jungmillionär Nidal B.*. Der 22-jährige Erbe sorgte wiederholt für Schlagzeilen (BLICK berichtete). Vor drei Jahren wurde er in Deutschland verurteilt, weil er seinen Ferrari vor einem Bordell abfackeln liess, ein versuchter Versicherungsbetrug. Im vergangenen Sommer sass er in Untersuchungshaft, weil er mehrere Personen in seiner Villa gefangen und gefesselt gehalten haben soll – unter ihnen David P. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Freiheitsberaubung und Nötigung.
Dieser Artikel wurde aus dem Magazin «Beobachter» übernommen. Weitere spannende Artikel finden Sie unter www.beobachter.ch
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Manche Geschädigte haben ein gewisses Verständnis für die Aktion: «Ich bezweifle, dass das Betreibungsamt das Vermögen von David P. rechtzeitig sichern wird. Ich überlege mir, meine Forderungen an ausländische Schuldeneintreiber abzutreten. Vielleicht erreichen die mehr», sagt ein ruinierter Geschäftsmann, der auf die Rückzahlung von über 50'000 Franken wartet.
In die Verzweiflung mischt sich zuweilen ein starkes Bedürfnis nach Vergeltung. In einem Schreiben an die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) verlangt eine anonyme Person die Fremdplatzierung der Kinder von David P. Sie seien wegen der Machenschaften des Vaters nicht mehr sicher.
Im kollabierenden Universum des schillernden David P. ist die Autovermietung nur ein Stern. Mit einem Online-Casino, Bitcoin-Geschäften oder dem Aufkauf von Schmuck aus Konkursen blendete er ebenfalls Investoren und Darlehensgeber. «2013 erzählte er mir vom Projekt Starcasinovirtual.com», sagt ein Investor. Nomen est omen: Das Casino mit Sitz auf Malta ist bis heute nie online gegangen.
Viele der Opfer sind keine Lamborghini-Liebhaber. David P. rekrutierte sie in einer ganz anderen Szene: unter «Töggelern». Er selber schmückt sich mit einem aktuellen Weltmeistertitel im Doppel der Tischfussballer. Wie er es schaffte, den weltbesten Spieler, den Belgier Frédéric Collignon, als Partner zu gewinnen, wirft in der Szene Fragen auf.
Das alles wird überschattet von den immensen Summen, die andere Spieler David P. als Darlehen gewährt und nie zurückerhalten haben. Wie hat er es geschafft, die Spielerkollegen über den Tisch zu ziehen? «Er weiss genau, welche Knöpfe er drücken muss, um zuerst das Vertrauen und dann das Geld eines Gegenübers zu gewinnen», sagt einer, der ihm 60'000 Franken anvertraute. «Nachdem er 10'000 Franken von mir erhalten hatte, übernahm er auf einer gemeinsamen Reise alle Kosten. Ich nahm ihn darum als sehr grosszügig wahr – und blendete völlig aus, dass ja alles mit meinem Geld bezahlt wurde», sagt ein Töggeler. «So einnehmend er zu Beginn sein kann, so gleichgültig ist es ihm, wenn er später eine Existenz ruiniert», kritisiert ein anderer Betroffener, der ihm einen sechsstelligen Betrag als Darlehen gewährte. Als Sicherheit erhielt auch er einen Sportwagen. Einen, der mehrfach an verschiedene Gläubiger verpfändet wurde.
Bereits neue Firmen gegründet
Mehrere Geprellte verlangten vom Präsidenten des Tischfussballverbands den Ausschluss von David P. Weitere Tragödien sollten verhindert werden. Geschehen ist bisher nichts. «Wir können einen Spieler nicht einfach ausschliessen, weil ein Verfahren gegen ihn läuft. Es geht ja grundsätzlich um private Angelegenheiten. Wir prüfen derzeit aber unsere rechtlichen Möglichkeiten», sagt Verbandspräsident Bernard Sallin. Man hätte zumindest vor unseriösen Darlehensanfragen an Spieler warnen sollen, findet ein Geschädigter.
Die Pleite von Enjoy Your Dream hält David P. nicht von neuen Geschäften ab. Zwei Firmen hat er seit dem Konkurs im Frühling gegründet: eine Lifestyleclinic GmbH und eine Helveticum Immobilien AG. Auch die Masche mit den Darlehen läuft weiter. Im Mai kassierte er von einem Töggeler 50'000 Franken. Als Sicherheit wird ein Porsche Cayenne der Lifestyleclinic angeboten – plus die Flotte der EYD. Jener Vermietungsfirma, über die bereits zwei Monate zuvor der Konkurs eröffnet wurde. Der «Beobachter» hat David P. mehrfach um Stellungnahmen gebeten, ohne Antworten zu erhalten. An Weihnachten stellte er ein Treffen für Februar in Aussicht.
* Name geändert
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