Leichen für die Ausbildung
Körperspende als letzter Wille

Aus Kostengründen liegt für viele Deutsche die Beerdigung nicht drin. Ausweg: Körperspende. Auch in der Schweiz steigt die Zahl der Körper-Donatoren. Die Unis sind dankbar.
Publiziert: 04.12.2012 um 16:56 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 13:50 Uhr
Von Karin Müller

Neuer Trend aufgrund der Wirtschaftskrise: Deutsche achten auf eine möglichst preiswerte Bestattung und entscheiden sich für eine Körperspende. Das heisst, sie stellen ihren Leichnam für anatomische Studienzwecke zur Verfügung.

Dies berichtet das deutsche Nachrichtenmagazin «Exakt».

«Eine Urnenbeisetzung mit Friedhofsgebühren kostet heute locker 5000 Euro. Wirtschaftlich gesehen könnten dieses Geld meine Kinder  bekommen», erklärte die Körperspenderin Ingrid Martin im TV.

In Deutschland gibts zu viele, in der Schweiz eher zu wenig

Die hohe Bereitschaft zur Körperspende hat die Verhältnisse in Deutschland verändert. Es herrscht ein Überangebot. An einigen Universitäten, wie zum Beispiel in Jena, herrscht bereits ein Aufnahmestopp für Leichen.

Zustände, von denen man in der Schweiz nur träumen kann. Pro Jahr spenden hier rund 300 Menschen ihren Körper. Auch sind die Beweggründe für eine Körperspende in der Schweiz anders gelagert.

Prof. Oliver Ullrich vom Institut für Anatomie in Zürich zu Blick.ch: «Oft hört man den Wunsch, nach dem Tode noch etwas Gutes tun zu wollen. Oder es sind teilweise Menschen, die irgendwann im Leben eine sehr gute, heilende oder gar lebensrettende medizinische Behandlung erfahren haben.»

Spende aus Dankbarkeit

Sie würden mit ihrer Spende «etwas an Dankbarkeit zurückgeben» wollen. Aktive Werbung für Körperspenden wird in der Schweiz keine betrieben. Wichtig sei, so Prof. Ullrich, dass die Spende «ein sehr bewusster Akt» ist, der aus freiem Willen und Überzeugung geleistet wird.

Das Anatomische Institut der Uni Zürich nimmt etwa 70 Spender pro Jahr auf. Im Gegensatz zu Deutschland herrscht in der Schweiz noch kein Überangebot.

Prof. Ullrich: «Wir verzeichnen zwar in den letzten Jahren einen kleinen Anstieg der Spenden, führen dieses aber eher auf die Veränderung der Altersstruktur zurück.»

Mehr Frauen als Männer unter den Spendern

Der Anteil Frauen ist etwas höher als der Anteil Männer. Die Spender für die Anatomie in Zürich stammen hauptsächlich aus den Kantonen Zürich und dem Tessin.

Im Präparationskurs lernen die Medizinstudierenden dann die anatomischen Details der Körperregionen und Organe kennen. Darüber hinaus finden anatomische Operationskurse für angehende Fachärzte statt.

Ist die Arbeit an den Leichen beendet, werden sie zum Friedhof überführt und kremiert. Eine Erdbestattung ist wegen der Konservierungsmittel nicht möglich.

Am Ende des Studienjahres werden Studenten, Lernende und Angehörige zu einer ökumenischen Gedenkfeier eingeladen.

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