Fast 15 Jahre hat Xhevdet Mazrekaj (58) gewartet. Nun sitzt er im Gerichtssaal in Bellinzona. Zwei Reihen hinter jenem Mann, der ihm am 27. September 2002 eine Paketbombe schickte. Die Bundesanwaltschaft wirft Jeton L. (41) mehrfacher, versuchter Mord und Widerhandlung gegen das Waffengesetz vor.
Der albanisch-kosovarische Herausgeber der Zeitung «Bota Sot» erinnert sich genau an den Tag, der seiner gesamten Familie fast das Leben kostete. «Es war Freitag. Da kam dieses Paket mit der Post in die Zürcher Redaktion – angeblich von einer Weinhandlung. Vertraulich stand drauf», sagt Mazrekaj.
«Im Päckchen waren Drähte zu sehen»
Das Päckchen wird nach Küsnacht ZH zum Familientreffen mitgenommen. «Meine Geschwister, unsere Kinder, meine Eltern, wir waren zu zwölft dort», erzählt Xhevdet Mazrekaj. Sein Bruder Xhevat habe das Päckchen seitlich aufgerissen. Die Bombe wurde dabei nicht gezündet.
«Hinter einer Weisswein-Flasche waren Drähte zu erkennen. Wir haben sofort die Polizei gerufen», sagt Xhevdet Mazrekaj, «ein Sprengstoff-Experte hat dann die eingebaute Splittergranate entschärft.»
Später erfährt der Albaner: Die Sprengkraft hätte gereicht, Menschen in einem Umkreis von 300 Metern zu töten.
«Die wahren Täter sind noch auf freiem Fuss»
Seitdem fühle er sich nur noch in der Schweiz sicher. «Im Ausland kann ich nachts nicht schlafen. Da habe ich Angst, dass Killer mich oder meine Kinder töten», sagt der Journalist.
Für Xhevdet Mazrekaj ist der Mann auf der Anklagebank nur ein Handlanger. «L. ist ein einfacher Mann. Er ist kein Einzeltäter. Die wahren Täter sind noch auf freiem Fuss», sagt der Chef der «Bota Sot» (übersetzt: Welt heute). Seine Zeitung hat Redaktionen in Zürich und im Kosovo. Sie nimmt politisch kein Blatt vor den Mund. Immer wieder werden ihre Journalisten anonym bedroht. «Im Kosovo wurden vier unserer Mitarbeiter umgebracht», sagt Xhevdet Mazrekaj. Er ist überzeugt: «Das war ein Terroranschlag gegen uns. Organisiert vom Geheimdienst unserer politischen Gegner.»
Heute geht die Verhandlung weiter. Für Xhevdet Mazrekaj aber bleiben die Angst, das Misstrauen – egal zu welcher Strafe Jeton L. letztendlich verurteilt wird.
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