Ein pensionierter Schweizer Banker († 71) liegt tot im Bad seines Hotelzimmers. Laut Medienberichten entdeckten ihn Polizisten letzten Sonntag im thailändischen Pattaya. Im Portemonnaie hatte der Schweizer Rentner ein Kondom und eine Kamagra-Pille. Führte womöglich die indische Kopie des Potenzmittels Viagra zum Tod des Pensionärs?
Erektionsmittel beeinflussen den Blutdruck und reagieren stark mit anderen Medikamenten, sie sind in der Schweiz rezeptpflichtig. Darum bestellen immer mehr Schweizer dubiose Potenzmittel günstig im Internet und nehmen sie ohne ärztliche Begleitung.
Jedes siebte Potenzmittel ist Kamagra
Die Eidgenössische Zollverwaltung beschlagnahmte letztes Jahr 1134 Sendungen mit illegalen Medikamenten. Davon waren etwas mehr als die Hälfte Erektionsförderer. Doppelt so viel wie 2011. Immer beliebter wird Kamagra aus Indien. Das Produkt basiert wie Pfizers Original-Viagra auf dem Wirkstoff Sildenafil. Laut Schweizerischer Zulassungs- und Aufsichtsbehörde für Heilmittel, Swissmedic, war letztes Jahr bereits jedes siebte beschlagnahmte Potenzmittel Kamagra. 2011 war es noch jedes zehnte.
Nicht drin, was drauf steht
Das Produkt basiert wie Pfizers Original-Viagra auf dem Wirkstoff Sildenafil. Doch wüssten Konsumenten bei im Internet bestellten Medikamenten oft nicht, was sie wirklich zu sich nehmen, sagt Expertin Ruth Mosimann (48).
«Meist werden im Internet bestellte Medikamente unverpackt und ohne Beipackzettel verschickt», so die Leiterin der Kontrolle illegaler Arzneitmittel bei Swissmedic.
Überdosierungen können zum Tod führen
Ruth Mosimann (48), Leiterin der Kontrolle illegaler Arzneimittel bei Swissmedic, warnt: «Die Viagra-Fälschung ist mittlerweile so bekannt, dass es davon wiederum Fälschungen gibt.» Labortests hätten gezeigt, dass die Hälfte des überprüften Kamagras nicht die maximale Tagesdosis von 100 Milligramm Sildenafil enthielt. Einige Proben seien überdosiert gewesen, so Mosimann. Das kann zu gefährlichem Blutdruckabfall führen. In Kombination mit anderen Medikamenten sogar zu Herzinfarkten oder Schlaganfällen.
Liebeshelfer mit Schmerzmittel versetzt
Eine der Proben habe den Wirkstoff Tadalafil enthalten, ein viel stärkeres Potenzmittel. Wer es täglich einnimmt, gefährde seine Gesundheit wegen Überdosierung.
In indischen Medikamenten habe ihre Behörde auch schon nicht deklarierte Schmerzmittel gefunden. «Wir waren entsetzt über diese Skrupellosigkeit», sagt Ruth Mosimann. Das sei gefährlich, weil die Schmerzmittel mit anderen Medikamenten reagieren könnten. Im schlimmsten Fall könnte es sogar zu Magenblutungen kommen.
Schweizer riskieren Strafanzeigen
Wer Kamagra bestellt, riskiert nebst seiner Gesundheit eine Strafanzeige. Schweizer dürfen nicht zugelassene Medikamente nur im Rahmen einer Monatsration importieren.
Bei Kamagra wäre das 30 Mal 100 Milligramm. Grössere Sendungen werden beschlagnahmt. Es folgt ein Verwaltungsverfahren gegen den Besteller, der eine Gebühr von 300 Franken bezahlen muss.
Im Wiederholungsfall oder bei Verdacht auf gewerblichen Handel können die Behörden ein Strafverfahren einleiten. Viele gehen das Risiko ein. Doch das lohne sich nicht, so Mosimann. «Niemand sollte auf Kosten seiner Gesundheit Geld sparen.»