Schlüsseldienst-Abzocker immer gefährlicher
Sie wollten vor dem Türöffnen erst Bares – trotz Notfall

Der Schlüsseldienst key24h.ch verrechnet gerne mal mehrere Tausend Franken, um ein Schloss aufzubrechen. Ein neuer Fall zeigt: Nicht einmal vor medizinischen Notfällen machen die Gauner halt.
Publiziert: 05.01.2019 um 12:29 Uhr
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Aktualisiert: 23.01.2019 um 21:28 Uhr
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Elisabeth Martinet (75) musste 967 Franken für das Öffnen einer Haustür bezahlen.
Foto: Thomas Meier
Michael Sahli

Warum stoppt niemand diese Schlüsseldienst-Bande? An Weihnachten berichtete BLICK von der fiesen Masche der Firma key24h.ch. Die vermeintlichen Türschlossprofis haben es vor allem auf ältere Menschen in Not abgesehen. Ihre Masche: Verliert jemand seinen Hausschlüssel, reisen die Angestellten der Abzockerfirma aus dem nahen Ausland an. Bohren das Türschloss auf – und verrechnen dafür Tausende Franken.

Nach dem Bericht meldeten sich zahlreiche Opfer bei BLICK. Darunter Elisabeth Martinet (75). Bei ihr gingen die Schlüsselabzocker besonders dreist vor: «Es ging um einen medizinischen Notfall. Diesen Gaunern muss das Handwerk gelegt werden!»

Schlüsselgauner nutzen medizinischen Notfall aus

Weil ein Bekannter in Malans GR Ende November nicht auf das Klopfen an der Haustür reagiert, geht die Rentnerin von einem medizinischen Notfall aus – und sucht im Internet nach jemandem, der die Tür öffnen kann: «Dabei stiess ich auf die Homepage der Schlüsselabzocker.» Martinet denkt, eine Firma aus Chur engagiert zu haben, wie es auch auf der Homepage angegeben ist.

Stattdessen tauchen nach gut 45 Minuten zwei junge Männer mit einer Autonummer aus Liechtenstein und osteuropäischem Dialekt auf. Martinet wird stutzig: «Die beiden haben mir versichert, dass ihr eigentliches Auto gerade in Reparatur sei.»

Die Haustür ist schnell aufgebohrt. Nun wollen die Männer Geld sehen – 967 Franken. «Sie sagten, ansonsten würden sie mich nicht in die Wohnung lassen. Dabei hatte ich ja schon die Ambulanz alarmiert.» In ihrer Not bezahlt die Bündnerin den Betrag, auch weil die Männer immer mehr Druck auf sie ausüben: «Sie sagten, sie wollen Geld. Bar oder Karte – sofort!»

Homepage von key24h.ch ist momentan inaktiv

Als der Hausbewohner endlich medizinisch versorgt ist, kommt bei Martinet die Wut hoch. «Ich nahm sofort Kontakt mit der Firma auf. Wurde aber ständig vertröstet.» Das Opfer hält einen Betrag von einigen Hundert Franken für das Öffnen der Tür für vertretbar, aber: «Den Rest will ich zurück!» Doch sämtliche Kontaktversuche bringen nichts: «Irgendwann haben sie sogar begonnen, einfach aufzulegen, wenn ich am Draht war.» 

Der Polizei scheinen die Hände gebunden – auch weil viele Opfer keine Anzeige erstatten. Elisabeth Martinet hat die Abzocke ebenfalls bislang nicht gemeldet: «Ich sehe keine Chance, mein Geld zurückzubekommen. Aber das Verhalten der Leute ist inakzeptabel. Hätte ich nicht so schnell nachgegeben, hätte der medizinische Notfall übel enden können.»

Immerhin: Die Homepage von key24h.ch ist momentan nicht abrufbar. Auch das Telefon ist deaktiviert. Es scheint, als wären die Gauner wegen der BLICK-Berichterstattung über die schweizweiten Fälle abgetaucht – zumindest vorerst.

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