Es ist Ruhetag im Zoo «Leopard» in Bad Ragaz SG. Von Tiger über Leoparden bis Affen und Papageien gibt es in dem Privatzoo von Mario Capol (65) fast alle Tierarten zu bestaunen. Seit dreissig Jahren gehört der kleine Zoo zum Kurort.
Doch gestern ist etwas anders. Um das Zoogelände ist Absperrband gezogen. Die Tür des Wohnhauses und Restaurants ist versiegelt. Ein Leichenwagen hält vor dem Haus. In der Nacht auf gestern ist hier ein schrecklicher Mord geschehen.
Kurz vor acht Uhr morgens sucht Mario Capol seinen Mieter Harald «Harry» L.* († 46). Im Keller stösst er schliesslich auf die Leiche des Metzgers. Sofort alarmiert der Zoobesitzer die Polizei. «Es war ein riesiger Schock, ihn so zu finden», sagt er. «Wir sind unglaublich traurig. Es ist ein Drama.»
Die Polizei geht «von einem Gewaltverbrechen» aus. Fest steht fest, dass L. um 20 Uhr im Haus noch lebend gesehen wurde. Mehr wollen die Ermittler nicht sagen.
Wer hat Harry L. umgebracht?
Hat Harry L. einen Einbrecher überrascht? Oder wurde er sogar von seinem Mörder in den Keller gelockt?
Der Zoo liegt am Dorfrand von Bad Ragaz. Ein Verbrecher muss nicht fürchten, von Zeugen überrascht zu werden.
Harry L. lebte seit der Trennung von seiner Frau Anke L.* (36) vor einem Jahr im Haus von Mario Capol. «Er hat in seiner Freizeit im Tierpark geholfen. Mario ist krank und schafft es nicht mehr alleine», sagt ein Bekannter der beiden. Aber wer hat Harry L. umgebracht?
In Bad Ragaz ist man geschockt. Harry L. war sehr beliebt, spielte in der Veteranen-Mannschaft des FC Bad Ragaz. Im Sturm. Sein Übername: der «Knipser».
«Harry spielte lange bei uns. Er war ein echter Kamerad. Auf und neben dem Platz hat er sich sehr für den Verein eingesetzt», sagt sein Teamkollege Mario Bislin. «Doch seit August ist er nicht mehr gekommen. Er wollte die Vorbereitung nicht mehr mitmachen, eine Auszeit vom Fussball nehmen.»
Die Mannschaft lässt gestern das wöchentliche Training ausfallen. Zu gross ist die Trauer um den zweifachen Familienvater Harry L.
Auch das Zooteam ist schockiert vom gewaltsamen Tod des hilfsbereiten Freundes.
Direktor Mario Capol hofft, dass die Polizei den Täter schnell fasst. «Ich kann mir nicht vorstellen, wer Harry so etwas Fürchterliches antun konnte», sagt der 65-Jährige unter Tränen. «Wir werden Harry schrecklich vermissen.»