Erstaunlich, dass Ruth T.* noch immer Anrufe entgegennimmt – obwohl ihr Telefon seit zwei Tagen ununterbrochen klingeln muss. Denn seit Montag sorgte die Abwartin des Apartmenthauses Paradies in Arosa GR international für Diskussionen.
Grund ist ein Plakat, das sie beim Hallenbad des Hotels aufgehängt hatte: «An unsere jüdischen Gäste: Bitte duschen Sie vor und nach dem Schwimmen in unserem Schwimmbad. Tun Sie das nicht, bin ich gezwungen, das Schwimmbad für Sie zu schliessen», stand da auf Englisch.
Das Plakat wurde publik und sorgte weltweit für Empörung, Ruth T. steht seither als Antisemitin am Pranger. Völlig zu unrecht, wie sie findet. Das Plakat bereue sie längst, «ich habe es ohne Fingerspitzengefühl gemacht, und dafür muss ich nun bitter bezahlen», sagt sie.
«Angst um meinen Job habe ich nicht»
Kaum eine Minute vergeht, ohne dass sie Telefonanrufe «von wildfremden Menschen» entgegennehmen muss. «Da werde ich als Frau Hitler angesprochen, gefragt, ob man bei uns auch Gaskammern buchen könne – oder dann einfach auf unterstem Niveau beleidigt», sagt die Abwartin zu BLICK.
Die Beleidigungen gehen ihr nahe. «Es ist wirklich erschreckend, wie viel Hass mir aufgrund meines Fehlers entgegenschlägt!», sagt T. Zum Glück aber würden die Eigentümer der Ferienwohnungen im Apartmenthaus Paradies hinter ihr stehen. «Angst um meinen Job habe ich nicht, und ich werde das alles auch durchstehen», zeigt sich T. kämpferisch.
Alle E-Mails, die sie erhalten hat, werde sie zudem ausdrucken. «Was mir hier angedroht wird und wie ich beleidigt werde, ist wirklich schwer erträglich – ich will prüfen, ob ich gegen die schlimmsten Absender vorgehen kann», sagt T.
Zahlreiche Fake-Buchungen
Der Skandal um die Plakate hat auch finanzielle Konsequenzen für das Apartmenthaus Paradies. So gab es bislang eine Stornierung – und zig Fake-Buchungen. «Da reserviert beispielsweise jemand für Wohnungen für 20 Personen, ich mache all die Abklärungen und die Offerten, bloss, um danach zu hören, dass sie niemals in unser Antisemiten-Hotel kämen», sagt T. «Die wollen mich jetzt fertigmachen!»
Schlimmer aber: Das Hotel wurde gestern von der wichtigen Onlineplattform «booking.com» kurzerhand gesperrt. «Das haben die ohne Vorwarnung gemacht und uns damit schwer getroffen», sagt T. Denn bislang seien die meisten Buchungen über dieses Portal eingegangen.
Gemäss eines Berichts der britischen Onlineplattform «Daily Mail» geht die Sperrung auf eine Aufforderung des Simon-Wiesenthal-Zentrums zurück. Die Organisation, die sich gegen Rassismus und Antisemitismus einsetzt, rief nach Bekanntwerden des Skandals bereits zur Schliessung des Apartmenthauses auf und soll booking.com dazu aufgefordert haben, das Hotel aus dem Angebot zu nehmen.
«Aber auch hier werde ich eine Lösung finden, es gibt noch zig andere Plattformen, auf denen die Wohnungen ausgeschrieben werden können», sagt Ruth T.
* Name der Redaktion bekannt.