GPS-Tracker im Auto, Wanzen unter dem Bett – Immer mehr Frauen werden durch ihre Partner überwacht
Stalking endet oft in Gewalt

In der Schweiz sind immer mehr Frauen von Stalking durch ihre Partner oder Ehemännern betroffen. Die Überwachung endet häufig mit Gewalt. Trotzdem ist Stalking hierzulande nicht explizit verboten.
Publiziert: 23.05.2018 um 21:01 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2018 um 05:50 Uhr
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Stalking tritt zunehmend als Begleiterscheinung zu häuslicher Gewalt gegen Frauen auf.
Foto: Luis Berg
Helena Schmid

1964 Frauen, die häusliche Gewalt erlebt haben, hat die Zürcher Beratungsstelle für Frauen (BIF) im vergangenen Jahr beraten. Fast 30 Prozent von ihnen wurden davor von ihrem eifersüchtigen Partner überwacht – der Anteil steigt seit Jahren an. «Der grösste Teil von Stalking findet durch den Partner oder Ex-Partner statt. «Wir sind immer häufiger mit solchen Fällen konfrontiert», sagt Pia Allemann (51), Co-Geschäftsleiterin bei der BIF zu BLICK.

Pia Allemann (51) ist Co-Geschäftsleiterin und Beraterin bei der BIF.
Foto: Zvg

Sie berät betroffene Frauen am Telefon. Die Schicksale, mit denen sie konfrontiert wird, sind heftig: «Wir hatten den Fall einer Frau, deren Ex-Freund eine Wanze unter ihrem Bett versteckt hatte. Er wollte herausfinden, ob sie Geschlechtsverkehr mit einem anderen Mann hatte. Eine andere Anruferin fand einen GPS-Tracker unter ihrem Auto, den ihr Freund installiert hatte. Er konnte fast jeden ihrer Schritte überwachen», erzählt Allemann.

«Ausgeprägte manipulative Fähigkeiten»

Überwachungsgeräte wie Wanzen oder GPS-Tracker kann man heutzutage online aus dem Ausland bestellen. Der erleichterte Zugang zur entsprechenden Technik sieht Allemann als Grund für die Zunahme der Stalking-Fälle. Dem stimmte auch Privatdetektiv Erich Wunderli im Interview mit Radio Energy zu (BLICK berichtete). 

Dieses Mini-Abhörgerät spioniert Ex-Partner aus
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Privatdetektiv stellt «Wanzen-Boom» fest:Dieses Mini-Abhörgerät spioniert Ex-Partner aus

Häufig finde die Überwachung aber auch über das Smartphone statt. «Wir kennen etliche Fälle, bei denen der Freund seine Partnerin überredet hat, die Ortungsdienste auf dem Handy zu aktivieren, damit er sie per iCloud orten kann», so die Beraterin.

Sich freiwillig stalken lassen? Warum würde man das zulassen? Allemann: «Vielen Frauen gefällt es zunächst, dass der Partner sich so sehr für sie interessiert. Zudem haben Stalker meist sehr ausgeprägte manipulative Fähigkeiten. Erst nach einiger Zeit merken die Frauen, wie gefangen sie eigentlich sind. Und dass sie das gar nicht möchten.»

Vor der Gewalt oft schon lange die Hölle durchlebt

Zur häuslichen Gewalt käme es meist dann, wenn sich die Partnerin der Überwachung widersetzt. «Der Stalker hat Angst, die Kontrolle zu verlieren und reagiert häufig aggressiv. Das kann in Drohungen, Schlägen bis zu Würgen ausarten», so Allemann.

Problematisch: Stalken an sich ist in der Schweiz keine Straftat. Laut Allemann könne die Polizei häufig erst reagieren, wenn zumindest eine Drohung oder Nötigung vorliegt. Bis zu diesem Zeitpunkt haben viele Frauen bereits die Hölle durchlebt.

Viele von ihnen, so Allemann, müssten ihren Alltag komplett umstellen, um dem Stalking zukünftig auszuweichen. Die Expertin appelliert: «Von Stalking betroffene Frauen sollen sich frühzeitig an eine Beratungsstelle oder die Polizei wenden – auch wenn es noch nicht zu Gewaltausbrüchen gekommen ist.»

«Wanzen sind illegal, GPS Tracker nicht»

Ab wann ist Überwachung in der Schweiz strafbar? 
Das kommt auf die Überwachungsgeräte an. Ein privates Gespräch mit einem Abhörgerät aufzunehmen, ist beispielsweise illegal und wird mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft. GPS-Tracker hingegen sind nicht explizit verboten.

Auch wenn der Tracker ohne Wissen des Partners angebracht wurde?
Ja, zwar stellt das installieren eines GPS-Trackers eine Datenschutz- und Persönlichkeitsverletzung dar, diese wird aber nicht in jedem Fall bestraft. Denn eine Datenschutzverletzung ist erst strafbar, wenn besonders schützenswerten Personendaten beschafft wurden. Dazu zählen Angaben zur Religion, politischen Einstellung oder Gesundheit einer Person. Ihr Aufenthaltsort gehört nicht in diese Kategorie.

Ist das Lesen von fremden Handynachrichten und Emails eine Straftat?
Wenn das Handy der anderen Person offen herumliegt, nicht zwingend. Musste aber eine technische Hürde überwunden werden, wie das Hacken eines Handy-Pins oder Mail-Passworts, kann ein Verstross gegen den Hacking-Straftatbestand vorliegen. Ebenso wenn eine Software installiert wurde, die Nachrichten automatisch weiterleitet.

Ab wann ist Überwachung in der Schweiz strafbar? 
Das kommt auf die Überwachungsgeräte an. Ein privates Gespräch mit einem Abhörgerät aufzunehmen, ist beispielsweise illegal und wird mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft. GPS-Tracker hingegen sind nicht explizit verboten.

Auch wenn der Tracker ohne Wissen des Partners angebracht wurde?
Ja, zwar stellt das installieren eines GPS-Trackers eine Datenschutz- und Persönlichkeitsverletzung dar, diese wird aber nicht in jedem Fall bestraft. Denn eine Datenschutzverletzung ist erst strafbar, wenn besonders schützenswerten Personendaten beschafft wurden. Dazu zählen Angaben zur Religion, politischen Einstellung oder Gesundheit einer Person. Ihr Aufenthaltsort gehört nicht in diese Kategorie.

Ist das Lesen von fremden Handynachrichten und Emails eine Straftat?
Wenn das Handy der anderen Person offen herumliegt, nicht zwingend. Musste aber eine technische Hürde überwunden werden, wie das Hacken eines Handy-Pins oder Mail-Passworts, kann ein Verstross gegen den Hacking-Straftatbestand vorliegen. Ebenso wenn eine Software installiert wurde, die Nachrichten automatisch weiterleitet.

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