Er ist der erste Schweizer Islamist, den die Polizei vor seiner Abreise in den Dschihad verhaften konnte: Ahmed J.* (25) stammt ursprünglich aus dem Libanon, wuchs aber in Winterthur auf und hat einen Schweizer Pass. Damit wollte er am 7. April 2015 mit einer Maschine der Turkish Airlines von Zürich nach Istanbul fliegen. Von dort, davon ist die Bundesanwaltschaft überzeugt, wollte er weiter nach Syrien und sich dort dem IS oder der Nusra-Front anschliessen.
Doch stattdessen klickten am Flughafen Zürich die Handschellen: 14 Tage lang sass der Dschihadist in Haft, anschliessend wurde er unter strengen Auflagen freigelassen. Die Behörden beschlagnahmten seinen Pass, ausserdem musste er sich mehrmals pro Woche bei der Polizei melden.
Dagegen legte Ahmed J. mit Hilfe seines Pflichtverteidigers Beschwerde vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona ein. Dieses entschied nun: Die getroffenen Massnahmen waren gerechtfertigt. Es wies Ahmeds Beschwerde mit Urteil vom 27. Januar ab – die Schriftensperre für Ahmed bleibt vorläufig bestehen.
Aus dem Urteil geht hervor: Kurz vor seiner Abreise stand Ahmed in engem Kontakt mit Mittelsmännern der Dschihadisten. Einer von ihnen warnte Ahmed in einem Telefonat vor der gefährlichen Reise nach Syrien: «Der Weg ist sehr schwer. Sie lassen keinen rein. Alles, was ich machen kann, ist dafür zu sorgen, dass du dort ankommst.» Fünf Tage später buchte Ahmed per SMS einen Flug von Zürich nach Istanbul. Zur Tarnung rasierte er seinen langen Bart ab und kaufte auch ein Rückflugticket.
Ausserdem zeigt das Urteil: Ahmed stand in engem Kontakt mit Winterthurer Dschihadisten. Mit Visar L.* (18)., der am 18. Dezember, zusammen mit seiner Schwester Edita (17), verschwand und nach Syrien ging, tauschte er sich intensiv aus: Am Tag vor der Abreise des Geschwisterpaars kontaktierte Ahmed Visar acht Mal. Aber nicht nur mit ihm stand er in Kontakt: Auch mit Sandro, der am 3. Februar 2015 in den Dschihad zog, tauschte sich Ahmed aus. Sandro reiste auf derselben Route, die Ahmed später nehmen wollte: Per Flugzeug nach Istanbul und von dort auf dem Landweg weiter nach Syrien.
Seiner Freundin schrieb Ahmed per Whatsapp: «Bete für mich, dass es klappt … und ich ein Märtyrer werde.» Auch gegenüber seinem Vater sprach er seine Pläne an. Der antwortete seinem Sohn: «Wenn es Dschihad gibt, fein, dann geh.»
Doch Ahmed schaffte den Weg nach Syrien nicht. Jetzt sitzt er daheim, ohne Pass, ist arbeitslos und mittlerweile Vater eines kleines Kindes. Dem radikalen Islam hat er offenbar nicht abgeschworen. Auf Facebook ist er noch immer unter seinem Kampfnamen aktiv.
Sein Anwalt widerspricht der Darstellung der Ermittler: Er bemängelt, dass die Bundesanwaltschaft, rund ein Jahr nach seiner Verhaftung, Ahmed noch immer nicht angeklagt hat. «Allein die Absicht, nach Syrien reisen zu wollen, ist nicht strafbar.»