Genetik
Warum manche Kinder anfälliger für schwere Erkältungen sind

Manche Kinder trifft eine Erkältung härter als andere. Forschende der EPFL haben entdeckt, dass Veränderungen an einem Gen ihre Virusabwehr beeinträchtigt.
Publiziert: 18.07.2017 um 08:10 Uhr
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Aktualisiert: 08.10.2018 um 20:55 Uhr
Bei manchen reichen Hausmittel bei weitem nicht, um eine Erkältung zu überstehen. Schuld könnte eine Genveränderung sein.
Foto: KEYSTONE/MARTIN RUETSCHI

Normalerweise sind grippebedingte Erkältungen bei Kindern harmlos. Bei zwei Prozent verlaufen solche Viruserkrankungen jedoch so schwer, dass die Kinder ins Spital müssen. Jacques Fellay, SNF-Förderungsprofessor an der ETH Lausanne (EPFL) hat mit internationalen Kollegen ein Gen entdeckt, das für die Virusabwehr eine entscheidende Rolle spielt und bei diesen Kindern verändert ist. Davon berichten sie im Fachblatt «PNAS».

«Wir konnten bestätigen, dass ein Gen mit dem Namen IFIH1 bei der körpereigenen Abwehr gegen die wichtigsten Erkältungsviren eine massgebliche Rolle spielt», sagte Fellay gemäss einer Mitteilung des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) vom Dienstag. «Diese Viren verursachen Atemwegsinfektionen bei Kindern.»

Bereits 2015 hatten Fellay und Kollegen das Genom von 2000 Patientinnen und Patienten untersucht, um Gene zu identifizieren, die mit der Immunabwehr gegen Viruserkrankungen zusammenhängen. Nun suchten die Forschenden gezielt im Erbgut von 120 Kindern nach Veränderungen in diesen Kandidatengenen. Die Kinder waren alle wegen schwerer viraler Infektionen der Atemwege in Spitälern der Schweiz oder in Australien behandelt worden. Bei acht der Kinder fanden sie Mutationen im Gen IFIH1.

Im weiteren konnten die Wissenschaftler bestimmen, warum die Genveränderungen die Kinder anfälliger macht: Normalerweise erkennt das von diesem Gen codierte Protein das Erbmaterial bestimmter Erkältungsviren und alarmiert das Immunsystem über eine Signalkaskade, wie EPFL-Forscherin Samila Asgari erklärte. Ihr gelang der Nachweis, dass drei Mutationen im IFIH1-Gen die Erkennung der Viren verhindert und damit die körpereigene Abwehr blockiert.

Die Resultate könnten Anhaltspunkte liefern für künftige Therapien, aber auch der Prävention dienen, schrieb der SNF. «Auf Wunsch der Eltern haben wir auch die Geschwister von Kindern getestet, die eine Genmutation aufwiesen», sagte Fellay.

So lasse sich zeigen, ob diese Kinder ebenfalls anfälliger für Infektionen sind. Im Falle einer Epidemie hätten die Eltern nun stichhaltige Gründe, ihre Kinder zu Hause zu behalten. Und bei einer Erkältung wüssten sie, dass sie rasch das Spital aufsuchen sollten.

Einen solchen Gentest der Infektionsanfälligkeit könnte man theoretisch auch im Zuge der üblichen Blutuntersuchungen nach der Geburt durchführen, so Fellay weiter. «Zugleich muss aber in einem gesellschaftlichen Diskurs festgelegt werden, welche Arten von Gentests erwünscht sind und welche nicht.»

Hinzu kommt: Die Abwehrkräfte des Immunsystems unterscheiden sich von Person zu Person und Mutationen im IFIH1-Gen dürften nur ein Puzzlestein unter vielen sein, um individuelle Unterschiede zu erklären.

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