Am 24. Juni wird am Bosporus gewählt, in der Schweiz geht es bereits kommende Woche los: Knapp 100'000 Türken können hierzulande ab Donnerstag ihre Stimme für die Präsidentschaftswahlen abgeben.
Recep Tayyip Erdogan zählt auf die Auslandstürken. Sie sollen ihm helfen, seine Macht auszubauen. «Bringt auch in Europa mit Gottes Hilfe die Urnen zum Platzen», appellierte er an sie.
Allein auf Gott will er sich aber nicht verlassen. Um am 24. Juni die Mehrheit der Stimmen zu holen, hat er in den letzten Tagen führende AKP-Politiker in die Schweiz entsandt. Ohne Wissen der hiesigen Behörden touren diese durch Restaurants, Wohnungen und Moscheen. Ihr Ziel: möglichst viele Türken auf den Kurs des Autokraten einzuschwören.
Erdogan-Vertraute in Schlieren
Am vergangenen Mittwoch flog Lütfiye Ilksen Ceritoğlu Kurt in die Schweiz. Sie ist eine enge Vertraute Erdogans und sitzt für die AKP im türkischen Parlament. Schon kurz nach ihrer Ankunft warb sie im Restaurant Enjoy in Schlieren ZH bei einem abendlichen Fastenbrechen für die Wahl Erdogans.
Mit dabei: der türkische Botschafter Ilhan Saygili. Organisiert wurde der Auftritt von der AKP-Lobbyorganisation Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD).
Bis gestern Samstag besuchte die Politikerin türkische Moscheen in Biel BE, Cham ZG, Uster ZH und Solothurn. Fotos zeigen Ceritoğlu bei ihren Auftritten vor Gläubigen. So posiert sie etwa mit türkischen Frauen in Basel, in der einen Hand ein Erdogan-Flugblatt, die andere Hand zum «Rabia-Gruss» geformt, dem Zeichen der islamistischen Muslimbrüder.
AKP-Kandidat weibelt im Aargau
Bereits Ende Mai besuchte Zafer Sirakaya die Schweiz. Er ist Europa-Chef der nationalistischen UETD und ebenfalls glühender Anhänger Erdogans. An einer Veranstaltung in Spreitenbach AG heizte er den Wahlkampf an. Er selber kandidiert bei den anstehenden Parlamentswahlen als AKP-Kandidat.
Die Auftritte wurden unter der Hand organisiert. Damit wollten die Hintermänner wohl Verbote umgehen. Vor dem Referendum von 2017 für ein Präsidialsystem hatten mehrere Kantone ähnliche Auftritte von türkischen Politikern untersagt.
Der Bund weiss nichts von den Propaganda-Anlässen der letzten Tage. «Uns liegen keine Informationen über erfolgte oder geplante Auftritte türkischer Politiker in der Schweiz vor», sagt Pierre-Alain Eltschinger, Sprecher des eidgenössischen Aussendepartements (EDA).
Die Schweiz will Wahlkampfanlässe nicht grundsätzlich verbieten. Ganz anders als Deutschland, Österreich und die Niederlande: Sie tolerieren keine Auftritte türkischer Politiker.