Frust bei Schweizer Ärzten
Arbeit gibt es nur noch mit Sprachdiplom

Ein neues Gesetz sollte verhindern, dass ausländische Ärzte mit ungenügenden Sprachkenntnissen in der Schweiz arbeiten dürfen. Jetzt zeigt sich aber: Davon betroffen sind auch Einheimische, die in anderen Sprachregionen arbeiten möchten.
Publiziert: 08.07.2019 um 19:51 Uhr
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Ein neues Gesetz soll verhindern, dass ausländische Ärzte mit ungenügenden Sprachkenntnissen in der Schweiz arbeiten dürfen.
Foto: Keystone

Seit 2018 ist das Medizinalberufegesetz in Kraft. Darin hat der Bundesrat die sprachlichen Anforderungen an ausländische Ärzte definiert: Wenn ein solcher beispielsweise im Tessin arbeiten möchte, muss er Italienisch können und das auch beweisen. Die neue Regelung sorgt aber auch bei Schweizern für Probleme.

So wie etwa beim pensionierten Hausarzt Ulrich Nägeli (70), aus Bilten GL. Wie der «Tagesanzeiger» berichtet, spricht er fliessend Italienisch und arbeitete sogar mehrere Jahre als Arzt im Tessin. Für eine mehrtägige Stellvertretung in der Arztpraxis eines Tessiner Kollegen soll er nun dennoch seine Italienischkenntnisse belegen – mit einem Sprachdiplom! Auch ein Telefongespräch auf Italienisch mit der Tessiner Gesundheitsdirektion half Nägeli nicht. «Es ist bizarr, was man da macht», sagt er zu BLICK. Fachliche Fähigkeiten werden im Vergleich viel weniger geprüft.

«Regelung ist nicht durchdacht»

«Diese vom Bundesrat getroffene Regelung ist nicht durchdacht», kritisiert auch Christoph Hänggeli. Er ist Geschäftsführer des Schweizerischen Instituts für ärztliche Weiter- und Fortbildung. Wenn ein Deutschschweizer Arzt in Genf eine Praxis eröffnen wolle, müsse er das gleiche Sprachdiplom vorweisen wie beispielsweise der Berufskollege aus Rumänien. 

Besonders absurd sei die Regelung für die Tessiner. Diese absolvieren ihre Ausbildung normalerweise in der Deutschschweiz oder der Romandie. Wollen sie zu einem späteren Zeitpunkt im Tessin eine Praxis eröffnen, müssen sie sich ihre Muttersprache ins Medizinalpersonenregister eintragen lassen. Kostenpunkt: 50 bis 100 Franken. Derzeit streiten der Bund und der Ärzteverband über Sinn und Unsinn der neuen Regelung.

Neue Sprachregelungen sorgen immer wieder für Probleme 

Bereits letzte Woche sorgte eine neue Sprachreglung in der Schweiz für Schlagzeilen: Seit mehr als zwei Wochen bleiben am Flughafen Sitten VS deshalb zahlreiche Piloten am Boden. Schuld ist eine neue Regelung – im kontrollierten Luftraum darf nämlich nur noch auf Englisch gefunkt werden. Da sie über keine englische Funk-Lizenz verfügen, dürfen sie dort momentan nicht fliegen. (bra)

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