Es ist noch früh, als er sein kleines Motorboot startet. Mit wenig Gepäck fährt er raus auf den Zürichsee. Raus in die Kälte. Raus in den Wind. Schon nach wenigen Minuten entknotet er das Seil, lässt den Anker auf den Grund sinken und greift nach seiner Angel. Dirk Egli (26) ist Fischer.
So wie rund 150 000 Schweizerinnen und Schweizer. Sie fischen in den Bächen, Flüssen und Seen des Landes. Fischen liegt im Trend. Das zeigen Zahlen des Schweizerischen Fischerei-Verbandes. Jedes Jahr beginnen 10 000 Menschen zu angeln. Seit 2009 benötigen alle Fischer einen Sachkunde-Nachweis Fischerei (SaNa). Seither ist die Zahl der Menschen, die regelmässig fischen, «zunehmend», wie Philipp Sicher, Geschäftsführer des Schweizerischen Fischerei-Verbandes, sagt.
Fischen boomt besonders bei den Jungen: Ein Viertel der Neufischer ist zwischen 15 und 25. «Waren vor fünf Jahren noch 15 Prozent aller SaNa-Absolventen Junge, sind es heute bereits 17 Prozent», sagt Sicher. Tendenz steigend. Noch krasser ist die Entwicklung bei den Frauen. Als die Ausweispflicht eingeführt wurde, lag deren Anteil bei 4,5 Prozent. Diese Zahl hat sich verdreifacht. Heute fischen in der Schweiz 18 000 Frauen.
Gründe für den Trend Fischen gibt es viele. Das Bild habe sich verändert, erklärt Sicher. «Es hat sein Klappstuhl-Image abgelegt.» Fischen ist nicht gleich Fischen. Immer mehr Varianten verwandeln das einst als langweilig geltende Hobby für Ü-60er in ein Outdoor-Erlebnis. Etwa das Fliegenfischen. Diese aktive Technik sei bei Frauen sehr beliebt, sagt Sicher. Man bewegt sich, ist am Wasser aktiv. Und kann die Natur erleben.
Damit reiht sich das Fischen in einen allgemeinen Trend ein, der die gesamte Gesellschaft erfasst. Alle wollen nach draussen: Biken, Wandern oder Gemüseanbauen werden zum Massenphänomen. Katja Rost, Professorin für Soziologie an der Universität Zürich, sagt: «Es ist der Wunsch vieler Personen nach Natur, Authentizität und Sinn.» Sie sieht darin einen Gegentrend zur starken Technisierung, Rationalisierung und Sinnentleerung des modernen Lebens. Doch auch in der Natur spielen die sozialen Netzwerke eine wichtige Rolle. Es wird gepostet, gelikt, geteilt. Wohl um zu zeigen, dass man jetzt auch zu den «Naturgängern» gehört. Das steckt an.
Wissenschaftlich bewiesen, dass uns die Natur guttut
Doch unsere Sehnsucht nach mehr Natur in einer digitalisierten Welt hat ihre Gründe nicht nur auf der Gefühlsebene. Alice Hollenstein, Umweltpsychologin der Firma Urban Psychology, untersucht, wie Menschen die Umwelt wahrnehmen und was in unserem Gehirn passiert. «In der Natur herrscht eine angenehme Reizintensität, die sich von der hektischen Stadt unterscheidet.» Gemäss Hollenstein ist es sogar wissenschaftlich bewiesen, dass uns die Natur guttut: Beim Anblick von Bäumen, Wiesen oder Wasser schüttet unser Hirn belohnende Hormone in den Körper aus. So auch beim Fischen. Wenn man etwas fängt, wird das Belohnungszentrum im Gehirn aktiviert – die Fischer fühlen sich gut. Und es gibt reichlich Grund für dieses Gefühl: Gemäss Fischerei-Statistik fangen Hobbyfischer in der Schweiz jährlich rund 450 Tonnen Fisch.
Für unseren Bedarf reicht das längst nicht aus. Der Fischkonsum nimmt in der Schweiz seit Jahren kontinuierlich zu. Die Grossverteiler bauen ihr Sortiment aus. Pro Kopf essen wir jährlich etwa acht Kilogramm Fisch. Fast 95 Prozent davon werden aus dem Ausland importiert. Wenn man den Fisch im Supermarkt in den Wagen legt, wissen einige noch immer nicht über seine Herkunft Bescheid. Oder wie viel Arbeit dahintersteckt. Das stört die Fischerin Daniela Misteli (31). «Mir ist wichtig zu wissen, woher mein Essen kommt. Und ich versuche, so vieles wie möglich selbst zu erlegen.» Sie greift für ihren Znacht selbst zur Angel, harrt in der Kälte aus und beweist Geduld. Ganz nach dem Motto: Fisch, frisch auf den Tisch.
Hauptproblem für die Schweizer Fische ist die Erwärmung
Egli, Felchen, Hecht und Forellen werden in den Schweizer Bächen, Flüssen und Seen am häufigsten gefischt. Doch in unseren Gewässern leben mehr als 60 Fischarten. Viele von ihnen sind vom Aussterben bedroht. Einige sind bereits ganz verschwunden. Der Lachs etwa. Einst war der Rhein der bedeutendste Lachsfluss Europas. Jedes Jahr kehrten rund 1 Million Lachse von Grönland in die oberen Rhein-Zuflüsse zurück, um zu laichen. Seit 1950 gilt er als ausgestorben. Die Fischer tragen daran keine Schuld. Kraftwerksperren verhinderten seine Reise flussaufwärts. Auch die Wasserqualität machte dem beliebten Speisefisch zu schaffen. Die Situation hat sich seither verbessert. Auch dank strengerer gesetzlicher Regulierung. Millionen wurden in Fischtreppen investiert, um die Flüsse für die Fische durchgängig zu machen. Mittlerweile kehrt jedes Jahr eine kleine Anzahl Lachse bis Iffezheim südlich von Karlsruhe zurück. Bis 2020 soll der Lachs Basel erreichen.
Doch den Fischen droht weitere Gefahr, wie dieser Sommer zeigte: die Klimaerwärmung. In Stein am Rhein beispielsweise wurde in diesem Sommer eine Wassertemperatur von 28,4 Grad gemessen. Darunter litt besonders die Äsche.
Tausende Fische sind im Rhein wegen der Hitze verendet
Aber auch Forellen, Barben und Aalen setzte die Hitze zu. Überlebenschance: gering. Tausende Fische sind im Rhein verendet. Und das obwohl die Tiere fast pausenlos beobachtet und umgesiedelt wurden. Die Flüsse sind noch immer in einem schlechten Zustand. Viele Kantone haben deshalb ein Fischfangverbot für Äschen und Forellen eingeführt. Im Rhein beispielsweise ist es für die Saison 2018/19 verboten, diese beiden Arten zu fangen.
Einer, der sich als Fischer für das Leben der Fische einsetzt, ist Severin Erkelenz (27). In den Sommermonaten hat er viele Stunden damit verbracht, Fische in kühlere Seitenbäche und Fischzuchten zu bringen. Für ihn ist das selbstverständlich. «Fische können sich nicht wehren, wenn der Bach austrocknet.»
Fischen ist eben nicht nur Fischen.
Drei Fisch-Begeisterte im Porträt
«Ich bin ein mega-ungeduldiger Mensch», sagt Daniela Misteli (31) und wirbelt die Angelrute durch die Luft. «Deshalb ist das Fliegenfischen ideal für mich.» Diese Technik ist aktiv, man muss ständig in Bewegung sein. Macht man nichts, fängt man nichts. Etwas zu fangen, ist schliesslich das Ziel. Auch heute am Burgäschisee SO. Der Köder ist federleicht, deshalb das Schwingen. Er ist klein und bunt. Und meistens selbst gemacht. Daniela bindet Draht, Federn und Felle zu kleinen Fliegen. Eine Nifeli-Arbeit, die für sie aber längst selbstverständlich geworden ist. «So bin ich quasi von A bis Z selbst dafür verantwortlich, dass ein Fisch anbeisst.» Sie fixiert einen haarigen Köder am Haken, bewegt die Schnur über ihrem Kopf hin und her, bevor die Fliege elegant im Wasser landet. Ruckartig zieht die Langenthalerin den Köder zurück. Stets mit der Hoffnung, dass etwas anbeisst. Am liebsten ein Hecht, sagt sie. Dieser kämpft, ist gross und hat einen Mund voller Zähne. Es ist die Herausforderung, ein solches Tier zu überlisten, was sie am Fischen fasziniert. Wenn sie den Männern Fischereiartikel verkauft, wird sie oft gefragt, ob sie denn auch selber fische. Ihre Antwort: mehrmals pro Woche. Schon als Kind war es für sie das Grösste, mit dem Vater frühmorgens aufs Wasser zu gehen. Seit sie 20 ist, fischt sie allein. Sie liebt es, Zeit in der Natur zu verbringen. Draussen ist es kalt und dreckig, man wird nass. Daniela ist das egal. Diesen Sommer hat sie zudem noch die Jagdprüfung gemacht. Auch, um selbst bestimmen zu können, woher ihr Essen kommt. «Wir sollten die natürlichen Ressourcen, die wir haben, nutzen.» Sie ist dankbar für jedes Tier, das sie mit nach Hause nehmen darf, und behandelt es mit viel Respekt. Wenn sie leer ausgeht, ist das halb so schlimm. Denn auch solche Tage gehören zur Fischerei. Es gibt Hunderte von Theorien, wann, wie und wo man am besten fängt. Ihre Theorie: «Einfach gehen, ausprobieren, durchhalten und nicht aufgeben.»
«Ich bin ein mega-ungeduldiger Mensch», sagt Daniela Misteli (31) und wirbelt die Angelrute durch die Luft. «Deshalb ist das Fliegenfischen ideal für mich.» Diese Technik ist aktiv, man muss ständig in Bewegung sein. Macht man nichts, fängt man nichts. Etwas zu fangen, ist schliesslich das Ziel. Auch heute am Burgäschisee SO. Der Köder ist federleicht, deshalb das Schwingen. Er ist klein und bunt. Und meistens selbst gemacht. Daniela bindet Draht, Federn und Felle zu kleinen Fliegen. Eine Nifeli-Arbeit, die für sie aber längst selbstverständlich geworden ist. «So bin ich quasi von A bis Z selbst dafür verantwortlich, dass ein Fisch anbeisst.» Sie fixiert einen haarigen Köder am Haken, bewegt die Schnur über ihrem Kopf hin und her, bevor die Fliege elegant im Wasser landet. Ruckartig zieht die Langenthalerin den Köder zurück. Stets mit der Hoffnung, dass etwas anbeisst. Am liebsten ein Hecht, sagt sie. Dieser kämpft, ist gross und hat einen Mund voller Zähne. Es ist die Herausforderung, ein solches Tier zu überlisten, was sie am Fischen fasziniert. Wenn sie den Männern Fischereiartikel verkauft, wird sie oft gefragt, ob sie denn auch selber fische. Ihre Antwort: mehrmals pro Woche. Schon als Kind war es für sie das Grösste, mit dem Vater frühmorgens aufs Wasser zu gehen. Seit sie 20 ist, fischt sie allein. Sie liebt es, Zeit in der Natur zu verbringen. Draussen ist es kalt und dreckig, man wird nass. Daniela ist das egal. Diesen Sommer hat sie zudem noch die Jagdprüfung gemacht. Auch, um selbst bestimmen zu können, woher ihr Essen kommt. «Wir sollten die natürlichen Ressourcen, die wir haben, nutzen.» Sie ist dankbar für jedes Tier, das sie mit nach Hause nehmen darf, und behandelt es mit viel Respekt. Wenn sie leer ausgeht, ist das halb so schlimm. Denn auch solche Tage gehören zur Fischerei. Es gibt Hunderte von Theorien, wann, wie und wo man am besten fängt. Ihre Theorie: «Einfach gehen, ausprobieren, durchhalten und nicht aufgeben.»
Dirk Egli (26) arbeitet als Koch. Mit Fischen hat er in der Küche zu tun – und als Fischer auf dem Wasser. In der Küche ist es laut und hektisch, er steht unter Zeitdruck, es zählt nur die Leistung. Auf dem Wasser gibts so was nicht. Dort ist es ruhig. Auf seinem Boot auf dem Zürichsee ist Dirk in sich gekehrt und allein. «Das Fischen ist ein krasser Kontrast zu meinem Alltag. Aber auch ein wunderbarer Ausgleich.» Die Natur geniessen, abschalten, nachdenken. Und doch gleichzeitig mit dem Fisch kämpfen, wenn er dann anbeisst. Wenn die Rute zu zittern beginnt, das Adrenalin den Körper flutet, das Herz schneller schlägt und die Muskeln sich anspannen – in diesen wenigen Sekunden muss er voll und ganz da sein, sonst ist das Tier wieder weg. «Ein Megagefühl!», sagt der Zürcher, während er geduldig wartet. Plötzlich ziehts an der Angel. Bei Egli hat ein Egli angebissen. Als Koch ist er es sich gewohnt, Fische auszunehmen und zu filetieren. Er wusste schon vor seiner Lehre, wie das geht. Sein Vater nahm ihn als Kind mit, lehrte ihn: ein Schlag auf den Kopf als Betäubung, dann der erste Schnitt bei den Kiemen. So die Vorschriften. «Wer fischt, muss die Tiere auch töten können. Das gehört dazu.» Dennoch verspürt der 26-Jährige hin und wieder Reue, wenn es ein besonders schönes Exemplar oder der Fisch schon sehr alt war. Der Egli an seiner Angel ist zwar schön und für einen Adrenalinkick verantwortlich, mit 30 Zentimetern aber zu klein. Sorgfältig nimmt er ihn in seine nassen Hände, entfernt den Haken sanft aus seinem Mund. Ohne Verletzungen lässt er ihn wieder frei. Nun will er einen Hecht. Die Hechte sind kannibalisch und reagieren auf grosse Köder, die aussehen wie Futterfische. Schnell montiert er einen neuen Köder. Farbig und aus Plastik, das Ding. Erneut wirft Dirk die Rute aus und wartet. «Zeit, eine Zigarre zu rauchen.» Denn auch diese gehört für ihn zu einem entspannten Tag am Wasser dazu.
Dirk Egli (26) arbeitet als Koch. Mit Fischen hat er in der Küche zu tun – und als Fischer auf dem Wasser. In der Küche ist es laut und hektisch, er steht unter Zeitdruck, es zählt nur die Leistung. Auf dem Wasser gibts so was nicht. Dort ist es ruhig. Auf seinem Boot auf dem Zürichsee ist Dirk in sich gekehrt und allein. «Das Fischen ist ein krasser Kontrast zu meinem Alltag. Aber auch ein wunderbarer Ausgleich.» Die Natur geniessen, abschalten, nachdenken. Und doch gleichzeitig mit dem Fisch kämpfen, wenn er dann anbeisst. Wenn die Rute zu zittern beginnt, das Adrenalin den Körper flutet, das Herz schneller schlägt und die Muskeln sich anspannen – in diesen wenigen Sekunden muss er voll und ganz da sein, sonst ist das Tier wieder weg. «Ein Megagefühl!», sagt der Zürcher, während er geduldig wartet. Plötzlich ziehts an der Angel. Bei Egli hat ein Egli angebissen. Als Koch ist er es sich gewohnt, Fische auszunehmen und zu filetieren. Er wusste schon vor seiner Lehre, wie das geht. Sein Vater nahm ihn als Kind mit, lehrte ihn: ein Schlag auf den Kopf als Betäubung, dann der erste Schnitt bei den Kiemen. So die Vorschriften. «Wer fischt, muss die Tiere auch töten können. Das gehört dazu.» Dennoch verspürt der 26-Jährige hin und wieder Reue, wenn es ein besonders schönes Exemplar oder der Fisch schon sehr alt war. Der Egli an seiner Angel ist zwar schön und für einen Adrenalinkick verantwortlich, mit 30 Zentimetern aber zu klein. Sorgfältig nimmt er ihn in seine nassen Hände, entfernt den Haken sanft aus seinem Mund. Ohne Verletzungen lässt er ihn wieder frei. Nun will er einen Hecht. Die Hechte sind kannibalisch und reagieren auf grosse Köder, die aussehen wie Futterfische. Schnell montiert er einen neuen Köder. Farbig und aus Plastik, das Ding. Erneut wirft Dirk die Rute aus und wartet. «Zeit, eine Zigarre zu rauchen.» Denn auch diese gehört für ihn zu einem entspannten Tag am Wasser dazu.
Für viele ist Fischen ein Hobby. Für Severin Erkelenz (27) ist es viel mehr. Mehrmals wöchentlich packt er seine Angel und geht an den Rhein. Oder an seinen eigenen Bach, den er mit fünf Freunden pachtet. Fischer zu sein, bedeutet Arbeit. Manchmal sitzen sie zwar auch mal nur mit der Angel in der Hand am Ufer, doch meistens werken sie irgendwo irgendwas. Fischen heisst für Erkelenz auch Fische retten. Diesen Sommer waren Severin und seine Kollegen besonders gefordert. Stunden haben sie mit Abfischen verbracht, um die Tiere vor der Hitze zu retten. «Fische können sich nicht wehren, wenn der Bach austrocknet. Sie sind auf Leute wie mich angewiesen.» Also bringen Erkelenz und seine Kollegen die Fische aus seichten Gewässern an tiefere Bachstellen – und helfen so, die Artenvielfalt zu erhalten. «Dann ist es auch in Ordnung, zwischendurch einen Fisch mit nach Hause zu nehmen.» Es sei ein spezielles Gefühl, wenn ein Fisch an der Angel hängt. Auch Severin bekommt nach jahrelangem Fischen noch immer weiche Knie, wenn ein Fisch an der Rute zieht. «Insbesondere dann, wenn ein zwei Meter grosser Wels angebissen hat.» Doch den gelernten Schreiner begeistert auch das ganze Drumherum. Besonders die Verbundenheit zur Natur: die zwitschernden Vögel oder der rauschende Fluss etwa. Auch den Austausch mit den anderen Fischern geniesst er sehr. Mit ihnen kann er stundenlang übers Fischen sprechen. Alter und Herkunft spielen dabei keine Rolle. Langweilig wird ihnen nie, den Fischern. Es wird über das Wetter geredet oder die neusten Ruten. Davon hat Severin so einige im Keller stehen – über 20 Stück. Das kostet. Aber Fischen muss nicht teuer sein. Eine Angel, ein paar Köder, ein Gewässer – schon kann es losgehen. «Nur die Geduld nicht vergessen», sagt er, setzt seine Sonnenbrille auf und fischt los.
Für viele ist Fischen ein Hobby. Für Severin Erkelenz (27) ist es viel mehr. Mehrmals wöchentlich packt er seine Angel und geht an den Rhein. Oder an seinen eigenen Bach, den er mit fünf Freunden pachtet. Fischer zu sein, bedeutet Arbeit. Manchmal sitzen sie zwar auch mal nur mit der Angel in der Hand am Ufer, doch meistens werken sie irgendwo irgendwas. Fischen heisst für Erkelenz auch Fische retten. Diesen Sommer waren Severin und seine Kollegen besonders gefordert. Stunden haben sie mit Abfischen verbracht, um die Tiere vor der Hitze zu retten. «Fische können sich nicht wehren, wenn der Bach austrocknet. Sie sind auf Leute wie mich angewiesen.» Also bringen Erkelenz und seine Kollegen die Fische aus seichten Gewässern an tiefere Bachstellen – und helfen so, die Artenvielfalt zu erhalten. «Dann ist es auch in Ordnung, zwischendurch einen Fisch mit nach Hause zu nehmen.» Es sei ein spezielles Gefühl, wenn ein Fisch an der Angel hängt. Auch Severin bekommt nach jahrelangem Fischen noch immer weiche Knie, wenn ein Fisch an der Rute zieht. «Insbesondere dann, wenn ein zwei Meter grosser Wels angebissen hat.» Doch den gelernten Schreiner begeistert auch das ganze Drumherum. Besonders die Verbundenheit zur Natur: die zwitschernden Vögel oder der rauschende Fluss etwa. Auch den Austausch mit den anderen Fischern geniesst er sehr. Mit ihnen kann er stundenlang übers Fischen sprechen. Alter und Herkunft spielen dabei keine Rolle. Langweilig wird ihnen nie, den Fischern. Es wird über das Wetter geredet oder die neusten Ruten. Davon hat Severin so einige im Keller stehen – über 20 Stück. Das kostet. Aber Fischen muss nicht teuer sein. Eine Angel, ein paar Köder, ein Gewässer – schon kann es losgehen. «Nur die Geduld nicht vergessen», sagt er, setzt seine Sonnenbrille auf und fischt los.