Extremismus-Studie zeigt autoritäre Neigungen unter Schweizer Jugendlichen
Jeder Dritte wünscht sich einen strengen Führer

17- und 18-Jährige in der Schweiz befürworten zu einem Drittel autoritäre Regierungsformen. Sie verlangen mehr Repression gegen Randständige und sehnen sich nach «führenden Köpfen, die uns genau sagen, was wir tun sollen und was nicht».
Publiziert: 11.11.2018 um 12:10 Uhr
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Aktualisiert: 13.11.2018 um 23:40 Uhr
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Dirk Baier von der ZHAW hat für eine Studie 8000 17- und 18-Jährige befragt. Fazit: Jeder Dritte neigt zu autoritären Regimen.
Foto: ZHAW
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Fabian EberhardStv. Chefredaktor SonntagsBlick

Die freiheitliche Weltordnung steckt in einer Krise. Sogar die Demokratie steht wieder zur Debatte. Studien zeigen: In ­einer zunehmenden Zahl von Ländern werden Bürgerrechte beschnitten, rechtsstaatliche Standards ausgehöhlt und die Gewaltentrennung in Frage gestellt – auch in Europa. Vergangene Woche sorgte eine Umfrage der Universität Leipzig für Aufsehen: 40 Prozent der Deutschen können sich ein autoritäres Regime vorstellen.

Ähnliche Daten zur Schweiz fehlten bisher. Eine Erhebung der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) hat nun erstmals geklärt, wie verbreitet autoritäre Neigungen unter Schweizer Jugendlichen sind. Auch hier lassen die Ergebnisse aufhorchen.

Jeder dritte Befragte weist einen Hang zum Autoritarismus auf. Die Forscher kommen zum Schluss: «32 Prozent der Jugendlichen sind als autoritär einzustufen.»

Verbrechen härter bestrafen

Das Resultat ist Teil einer gross angelegten Extremismus-Umfrage unter 8000 17- und 18-Jährigen. Mehr als ein Drittel von ihnen ist der Meinung, dass wir dankbar sein sollten für «führende Köpfe, die uns genau sagen, was wir tun sollen und was nicht».
43 Prozent befürworten, dass man härter gegen Randständige wie Obdachlose oder Drogenabhängige vorgeht, um Recht und Ordnung zu bewahren. Und gar 
70 Prozent plädieren dafür, dass Verbrechen härter bestraft werden.

Studienautor Dirk Baier vom Institut für Delinquenz und Kriminalprävention der ZHAW beunruhigen diese Ergebnisse: «Ich hätte nicht erwartet, dass so viele Jugendliche in der Schweiz autori
täre Merkmale aufweisen.» Es handle sich um Leute, die sich ein autoritäres Regime vorstellen können. «Das ausgeprägte Strafbedürfnis und die Intoleranz gegenüber Minderheiten sollten wir ernst nehmen», sagt Baier. Denn die Befragten seien die Entscheidungsträger von morgen.

Positive Haltung zur Demokratie stärken

Hat sich also ein grosser Teil der Jugend bereits von der Demokratie abgewandt? Nicht ganz. Die Umfrage zeigt auch: 80 Prozent der 17- und 18-Jährigen stehen der Schweizer Demokratie noch immer wohlwollend gegenüber.

Und genau da sollte man laut Studienautor Baier ansetzen: Der Aufbau einer positiven Haltung zur Demokratie sei eine zentrale Präventionsstrategie gegen jeglichen Extremismus.

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