Regionale Produkte, urbane Speisen, puristisches Ambiente: Die Aargauer Local Group wirbt mit schicker Nachhaltigkeit. Doch der Umgang mit Mitarbeitern scheint alles andere als nachhaltig. Denn diverse Ex-Angestellte werfen der Gastro-Kette willkürliche Lohnabzüge, Schikane und unzumutbare Arbeitszeiten vor. Die Firma mit dem Hipster-Image stand wegen Klagen mehrfach vor Gericht.
Am Standort in Suhr AG, wo die Kette ein Hotel mit Restaurant betreibt, kommt es regelmässig zum Streit. Zuletzt vergangene Woche, als Patrick David (29) seine Kündigung inklusive angedrohter Lohnkürzung erhielt. Er wurde in der Probezeit rausgeschmissen.
David war Mädchen für alles
«Ich bin seit zehn Jahren in der Gastronomie tätig, doch so etwas habe ich noch nie erlebt», sagt David zu BLICK. Angestellt war er laut Vertrag zu 100 Prozent als «Front-Mitarbeiter». Heisst, er arbeitete als Mädchen für alles. «Ich war an der Rezeption, machte die Kasse, habe geputzt, gekocht und gebacken», sagt er. Ohne Überstunden stehen ihm dafür monatlich 4200 Franken zu.
Doch nun zittert er um seinen Lohn. Zusätzlich zur Kündigung schickt ihm die Local Group eine gepfefferte Abmahnung, in der mit Kürzungen gedroht wird. Es geht um drei Vorwürfe. Am 8. Juni soll David eine Reinigungsliste versäumt haben, weshalb das Zimmermädchen zu spät fertig wurde. In der Abmahnung steht: «Uns ist ein finanzieller Schaden entstanden, welchen wir Ihnen vollumfänglich berechnen. Kosten hierfür: 299 Franken.»
119 Franken für falsch programmierten Hotelschlüssel
Zudem will die Local Group weitere 119 Franken zurückbehalten, weil angeblich am 19. Juni ein Zimmerschlüssel falsch programmiert wurde. Hinzu kommen nochmals 149 Franken: Am 24. Juni habe David «absichtlich» mehrere Zimmer nicht fertiggestellt. «Das ist haltlos», sagt der Ex-Mitarbeiter. «Weder habe ich etwas mit Absicht falsch gemacht, noch passierten diese Fehler wegen mir.» Er spricht von akutem Personalmangel: «Manchmal war ich allein in einem Hotel mit rund 50 Betten und arbeitete bis zum Umfallen.»
Entnervt zeigt er seinen Arbeitsplan vom Juni. Auf dem Auszug des Firmensystems steht, dass er im ganzen Monat 383 Stunden arbeitete. «Es waren sogar noch mehr», sagt er. David nimmt sich einen Anwalt. Dieser will sofort ein Gesuch bei der Schlichtungsstelle einreichen. Der Jurist sagt zu BLICK: «Dass in der Gastro-Szene um Arbeitszeiten gestritten wird, kommt vor. Doch solche Lohnkürzungen sind mir neu.»
Ex-Rezeptionistin Hauri gewinnt vor Arbeitsgericht
Nicht aber für die Local Group. Das Unternehmen stand dafür vor einem Jahr bereits in der SRF-Sendung «Kassensturz» in der Kritik. Unter anderem weil der ehemaligen Rezeptionistin Samantha Hauri (30) der Lohn gekürzt worden war. Zu Unrecht: Am 17. April hat die junge Frau ihren Fall vor dem Arbeitsgericht Lenzburg gewonnen.
Im Urteil steht, dass die Local Group 1388 Franken zu zahlen hat. Ebenso wurde die Firma nachträglich verpflichtet, eine Arbeitsbestätigung auszustellen. «Obwohl das Urteil rechtskräftig ist, erhielt ich das Geld nicht», sagt Hauri zu BLICK. «Ich habe meinen Ex-Chef deshalb betrieben, wogegen er Rechtsvorschlag erhob.» Nun muss sie wieder vor Gericht. Ihr Fazit: «Mich überrascht, dass dieser Mann noch geschäften darf.»
Firmenchef streitet Überstunden ab
Die Kritik richtet sich an Peter Studler (49), Geschäftsführer der Local Group. BLICK konfrontierte den Unternehmer mit den Vorwürfen. Zur Kündigung von Patrick David schreibt er: «Der Vertrag wurde aufgrund verschiedener Vorkommnisse in der Probezeit aufgelöst. Die erwähnten Lohnabzüge werden intern noch geprüft.» Von der massiven Arbeitszeit von 383 Stunden will Studler nichts wissen: «Das trifft nicht zu, das ist unmöglich.»
Zum Fall von Samantha Hauri gibt er keine Auskunft, da es sich um ein laufendes Verfahren handle. Doch er betont: «Wir sind überzeugt, dass wir als Arbeitgeber richtig und dem Gesetz entsprechend handeln.» Ob dem so ist, wird wohl erneut ein Richter klären müssen.
Lehrstellen in Gastro-Berufen können immer weniger besetzt werden. Als Grund nennt der Branchenverband GastroSuisse die rückläufige Zahl der Schulabgänger in der Schweiz. Davon seien zwar alle Branchen betroffen. Aber: Die Gastronomie kämpft zusätzlich gegen ein schlechtes Image bei Lernenden. Das belegt eine repräsentative Studie der Hotel & Gastro Union.
Vor allem die wenig attraktiven Arbeitszeiten und der Lohn seien Gründe, warum Jugendliche vor einer Berufslehre zurückschrecken. Auch ein Blick auf den Nahtstellenbarometer des Bundes zeigt: Gastroberufe zählen nicht zu den stark nachgefragten Lehrstellen. So ist die Zahl der Lernenden in der Küche in den letzten fünf Jahren um 20 Prozent gesunken. Kommt hinzu, dass rund 20 Prozent der Lehrabgänger danach die Branche wechseln.
Lehrstellen in Gastro-Berufen können immer weniger besetzt werden. Als Grund nennt der Branchenverband GastroSuisse die rückläufige Zahl der Schulabgänger in der Schweiz. Davon seien zwar alle Branchen betroffen. Aber: Die Gastronomie kämpft zusätzlich gegen ein schlechtes Image bei Lernenden. Das belegt eine repräsentative Studie der Hotel & Gastro Union.
Vor allem die wenig attraktiven Arbeitszeiten und der Lohn seien Gründe, warum Jugendliche vor einer Berufslehre zurückschrecken. Auch ein Blick auf den Nahtstellenbarometer des Bundes zeigt: Gastroberufe zählen nicht zu den stark nachgefragten Lehrstellen. So ist die Zahl der Lernenden in der Küche in den letzten fünf Jahren um 20 Prozent gesunken. Kommt hinzu, dass rund 20 Prozent der Lehrabgänger danach die Branche wechseln.