Mit dieser Kehrtwende hat niemand gerechnet: Asylministerin Simonetta Sommaruga (57) will bis zu 3200 Eritreern ihre vorläufige Aufnahme entziehen (BLICK berichtete). Noch 2015 hatte Sommaruga ganz anders getönt. «Es ist undenkbar, dass die Schweiz Menschen in einen Willkürstaat zurückschickt», so die Bundesrätin damals.
Für die Eritreer in der Schweiz ist diese Nachricht ein Schlag ins Gesicht. Yohannes Measho studiert an der Fachhochschule Nordwestschweiz. Er sagt wütend zu BLICK: «Ich finde den Entscheid von Frau Sommaruga bedenklich und unmenschlich.»
«Politisches Spiel auf Kosten der Menschen»
Measho ist überzeugt, dass die Schweizer Regierung genau wisse, dass sich die Situation in Eritrea nicht gebessert habe. «Es wird ein politisches Spiel betrieben – auf Kosten von Menschen. Das hätte ich von der Schweiz nicht erwartet.»
Auch Yonas Gebrehiwet (21), Co-Präsident des Eritreischen Medienbunds Schweiz, glaubt, dass hinter der 180-Grad-Wende von Sommaruga politisches Kalkül steckt. «Sie können meine Landsleute ja nicht zwingen auszureisen.»
Schweiz schadet sich selbst
Was Gebrehiwet meint: Zwangsausschaffungen nach Eritrea sind nicht möglich, weil sich die eritreische Regierung weigert, ihre Landsleute zurückzunehmen. Der 21-Jährige ist deshalb überzeugt, dass die Asylministerin mit dem Entscheid vor allem Geld einsparen will: «Die betroffenen Eritreer hätten keinen Anspruch mehr auf Sozialhilfe, sondern nur noch auf Nothilfe.»
Doch mit diesem «Buebetrickli» schneide sich die Schweiz ins eigene Fleisch, ist Gebrehiwet überzeugt. «Das ist für die Gesellschaft ganz schlecht. Integration geht anders.»
Die ersten Briefe sind bereits eingetroffen
Der Eritreer S. H.*, der aufgrund seiner Arbeit anonym bleiben will, kennt einen Betroffenen. Dieser hat vom Staatssekretariat für Migration bereits Post erhalten. «Er war komplett überrascht. Jetzt beginnt für alle Eritreer mit Asylstatus eine Zeit der Ungewissheit.»
S. H. glaubt nicht, dass die betroffenen Personen die Schweiz freiwillig verlassen werden. «Die meisten werden hier in die Illegalität abrutschen. Wie damit der Gesellschaft gedient sein soll, ist mir ein Rätsel.»
15'000 Franken pro Eritreer vom Bund?
Damit es nicht so weit kommt, schlägt Toni Locher, Honorarkonsul von Eritrea in der Schweiz, eine kräftige Finanzspritze der Schweiz vor: Jeder betroffene Eritreer soll 15'000 Franken für eine freiwillige Rückreise erhalten, sagt er zu «20 Minuten». Bisher verspricht der Bund 1000 Franken für Freiwillige.
Von dieser Idee hält S. H. nichts. «Welche Perspektiven hätten dann die Menschen, wenn sie mit 15'000 Franken heimreisen würden? Das ist keine langfristige Lösung.» Er kann sich auch nicht vorstellen, dass viele Eritreer mit einem solchen Zustupf die Schweiz freiwillig verlassen würden.
* Name geändert
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