Es geschieht im Februar 2015: Sechs Männer stürmen mitten in der Nacht mit Sturmmasken, Polizeiwesten und einem Handy-Störsender eine gigantische Hanfanlage in Altstätten SG. Einer von ihnen ist Posträuber Dieter Müller (40). Im Gepäck hat er eine Schrotflinte. Das Überfallkommando dringt in die Fabrikhalle, ruft scharf: «Polizei! Ergebt euch! Kommt raus!» Zwei Wachmänner, Elias L. (36)* und Andrea K. (44)*, flüchten in ein Zimmer im Obergeschoss. Sie sind in der Unterzahl und hilflos. Dann kommt Müller in den Raum und eröffnet mit seinem Gewehr das Feuer: «Er hat nichts gesagt, sondern ohne zu zögern einfach drauflos geschossen», sagt Opfer K. zu BLICK.
Opfer ist wegen Müllers vermeintlichem Missgeschick ein Pflegefall
Die beiden Wachmänner sacken schwer verletzt zusammen, kämpfen tagelang um ihr Leben. Müller schiesst L. ein Stück des Oberarms ab. Andrea K. trifft es noch schlimmer: Sein Gesäss und seine Beine werden vom Schrot durchbohrt. Bis ans Lebensende ist er auf Krücken angewiesen – und er hat einen künstlichen Darmausgang. Zum Glück wählen die flüchtenden Räuber den Notruf – sonst wären beide Männer wohl tot.
Vor Gericht behauptet Dieter Müller: «Ich habe die Munition verwechselt!» Tatsächlich hatte er statt Gummischrot versehentlich echte Gewehrsalven verwendet. Beide sähen praktisch gleich aus. Müller: «Es war ein riesiger Fehler von mir.» Das Ganze tue ihm von Herzen leid.
Er forderte für sich selbst die Verwahrung
Der Schütze dürfte schwer büssen: Die St. Galler Staatsanwaltschaft fordert für den Posträuber elf Jahre Haft. Weil ihm ein Gutachten auch eine Persönlichkeitsstörung zuschreibt, wird auch eine stationäre Massnahme geprüft. Müllers Mutter vergiesst bei dieser Strafandrohung im Gerichtssaal bittere Tränen. Bei seinem letzten Prozess im Jahr 2006 hatte Müller für sich selbst die Verwahrung gefordert, sollte er nochmals ein schlimmes Verbrechen begehen. Wie sieht er das heute? «Ich bin sicher kein Psychopath», sagt Müller empört.
* Namen der Redaktion bekannt