Diese SVP-Frau ist nicht auf den Mund gefallen
Wer hat Angst vor Sarah Bösch?

Wer ist sie, sie die als «Bier Bösch» bekannt gewordene alleinerziehende Mutter? Eine SVP-Politikerin, steht die Partei jedoch auch hinter ihr?
Publiziert: 28.04.2015 um 22:32 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 23:59 Uhr
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Foto: PHILIPPE ROSSIER
Von René Lüchinger

Schlagzeilen wie Wurfgeschosse. «Fliegt Bier-Bösch jetzt aus der SVP?», titelte der «BLICK am Abend», «Zwängerin des Monats April», urteilte die «Wiler Zeitung». Im Visier: eine völlig unbekannte SVP-Politikerin im Stadtparlament von Wil, die über Nacht zur nationalen Bekanntheit aufgestiegen ist. Ihre Tat: Sie wurde von der St. Galler Kantonspolizei mit über 0,8 Promille am Steuer erwischt und zur Blutprobe ins Spital verfrachtet, was die Täterin noch während der Amtshandlung via Facebook kommentiert: «Werde von Polizisten begleitet wie ein Sträfling. Bin geschockt! Krasse Bürokratie.» Seit dieser Polizisten-Schelte droht ihr der Parteiausschluss.

Wer ist diese Sarah Bösch? Ortstermin im Zürcher Café Odeon. Es taucht auf: eine quicklebendige junge Frau, pechschwarzes Haar, Spiegelreflex-Sonnenbrille, der Teint zeigt ihre indische Herkunft. Diese hinterlässt Spuren: Sarah Bösch, geboren in Pune, ist ein Heimkind, wird mit fünf adoptiert und mit zehn kehrt sie einmal in dieses Heim zurück – «eine emotionale Achterbahn».

Dieses Aussehen, diese Herkunft ist für die Rechtsaussen-Partei schon ein wenig speziell und wohl auch die aktuellen Lebensumstände der Sarah Bösch: Sie ist alleinerziehende Mutter und Single. Bösch und die SVP sind etwa so wie ein Party-Girl auf dem Bauernhof. Wer hat hier ein Problem mit wem? Die Urbane mit den ländlichen Parteigängern? Oder umgekehrt?

Sarah Bösch lacht bei dieser Frage. Wie immer, wenn sie spricht, rudern die Arme heftig mit. In die SVP kam die gelernte Fachfrau Betreuung vor rund vier Jahren. Weil sie Politik machen will. Weil Sozialpolitik dort kaum einen Stellenwert hat. Und: «Weil die SVP meine Partei ist.» Gilt das auch umgekehrt? Als die Blaufahrt publik wird, wagen sich männliche Parteigänger aus dem Unterholz hervor. Einer spricht nebulös von «gewissen Unregelmässigkeiten», ein anderer behauptet die Bösch sei einst aus der Ortspartei in Kilchberg/ZH gefeuert worden, habe sich deshalb in die Ostschweiz abgesetzt.                                                                                                                             Wie bitte?, fragt sie in breitem St. Galler Dialekt. Unregelmässigkeiten? Das sei ein Sozialprojekt gewesen, das leider nicht aufgegangen sei. Parteiausschluss? «Die Mehrheit des Vorstands stand hinter mir.» Flucht in die Ostschweiz? «Dort habe ich Hilfe bei der Kinderbetreuung.» Dann schüttelt sie all dies ab, reckt sich kurz und richtet den Blick nach vorne. «Ich will für den Kantonsrat kandidieren», sagt sie plötzlich. Frische Direktheit, die für viele SVP’ler wohl gewöhnungsbedürftig ist. Und der Facebook-Kommentar zu den Polizisten? Würde sie wieder schreiben. Einfach nicht sofort. Später. So nach zwei, drei Tagen.

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