Anfang Juni wurde der hessische Regierungspräsident Walter Lübcke (†65) hingerichtet. Der Neonazi Stephan E.* (45) hat den Mord gestanden. Er will allein gehandelt haben. Die Behörden sind misstrauisch, fieberhaft fahnden sie nach möglichen Mittätern.
Denn: In Deutschland gibt es 24'100 mögliche weitere Killer wie Stephan E. – so viele Rechtsextreme stufte das Bundesamt für Verfassungsschutz im vergangenen Jahr als gewaltbereit ein.
Die Angst vor rechter Gewalt wächst – auch in der Schweiz. Recherchen des SonntagsBlick zeigten erst kürzlich: Schweizer Neonazis planen Gewalt gegen Ausländer. Rund 350 gewaltbereite Rechtsextreme gibt es laut einer Schätzung des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB) in der Schweiz.
Die SVP holt den rechten Rand ab
Wie gross ist die Gefahr hierzulande? Extremismusforscher Dirk Baier (42) sieht einen grossen Vorteil der Eidgenossenschaft im Vergleich mit den deutschen Nachbarn: «Die Schweiz hat es geschafft, rechte politische Meinungen in das politische Geschehen einzubinden.» Während die AfD in Deutschland von den anderen politischen Lagern vom Diskurs ausgeschlossen werde, stehe die SVP in der Mitte der Gesellschaft. «Das führt am rechten Rand zur Befriedung.»
Und tatsächlich: Rechte Anschläge wie beispielsweise auf Asylheime gibt es hierzulande nicht. In Deutschland haben sich hingegen in etlichen Regionen starke rechte Netzwerke etabliert. In Ostdeutschland etwa – und auch in Kassel, wo der mutmassliche Lübcke-Mörder Stephan E. jahrelang in der Neonazi-Szene aktiv war.
Die Behörden hätten es verpasst, hier rechtzeitig einzugreifen, analysiert Baier, der selbst aus Ostdeutschland stammt und an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften das Institut für Delinquenz und Kriminalprävention leitet. «In der kleinen, besser vernetzten Schweiz fällt es schneller auf, wenn jemand aus der Reihe tanzt.» 350 Gewaltbereite seien eben leichter zu überwachen als rund 25'000.
Schweizer Neonazis vernetzen sich im Ausland
Man müsse sich allerdings immer fragen, sagt der Experte, aus welchem sozialen Kontext heraus sich die Gewaltbereitschaft überhaupt entwickeln könne. Von Rechts initiierte Initiativen führten immerhin dazu, dass sich ein bestimmtes Milieu politisch repräsentiert fühle. «Auch wenn sich die Stimmbürger dann beispielsweise gegen die Durchsetzungsinitiative entscheiden.»
Zumindest auf dem Papier scheint das aufzugehen: Der Nachrichtendienst des Bundes verzeichnet für 2018 keine eindeutig rechtsmotivierte Gewalttaten. In Deutschland waren es im selben Zeitraum um die 1000.
Allerdings wird verbale Gewalt in den Berichten der Schweizer Sicherheitsbehörden nicht aufgeführt. Rechtsextreme Sympathisanten agieren auch deshalb relativ ungestört – und vernetzen sich umso aktiver mit dem Ausland.
*Name der Redaktion bekannt
Die Frage treibt Deutschland um: War der mutmassliche Mörder Stefan E. (45) wirklich nur ein Einzeltäter? Die Zeichen verdichten sich, dass er Teil eines Terrornetzwerks war. Wie die «Süddeutsche Zeitung» schreibt, berichtet ein Augenzeuge von zwei verschiedenen Autos, die sich in der Tatnacht davonmachten.
Sicher ist, dass Stefan E. in der Neonazi-Szene bestens vernetzt ist. Vor zehn Jahren griff er zusammen mit anderen Rechtsradikalen eine 1.-Mai-Demo an. Die Organisatoren dieser Randale gehörten zu Combat 18, einer bewaffneten, gewalttätigen Truppe. Exponenten dieser Gruppe pflegten zudem Briefkontakte zu Beate Zschäpe, der einzigen Überlebenden der Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU). Der Name Stefan E. fiel sogar im NSU-Untersuchungsausschuss des Hessischen Landtags mehrmals.
Im Übrigen war E. Mitglied der rechtsextremen NPD – offenbar ein besonders eifriges. Sein Spitzname lautet «NPD-Stefan».
Die Frage treibt Deutschland um: War der mutmassliche Mörder Stefan E. (45) wirklich nur ein Einzeltäter? Die Zeichen verdichten sich, dass er Teil eines Terrornetzwerks war. Wie die «Süddeutsche Zeitung» schreibt, berichtet ein Augenzeuge von zwei verschiedenen Autos, die sich in der Tatnacht davonmachten.
Sicher ist, dass Stefan E. in der Neonazi-Szene bestens vernetzt ist. Vor zehn Jahren griff er zusammen mit anderen Rechtsradikalen eine 1.-Mai-Demo an. Die Organisatoren dieser Randale gehörten zu Combat 18, einer bewaffneten, gewalttätigen Truppe. Exponenten dieser Gruppe pflegten zudem Briefkontakte zu Beate Zschäpe, der einzigen Überlebenden der Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU). Der Name Stefan E. fiel sogar im NSU-Untersuchungsausschuss des Hessischen Landtags mehrmals.
Im Übrigen war E. Mitglied der rechtsextremen NPD – offenbar ein besonders eifriges. Sein Spitzname lautet «NPD-Stefan».