Die Leistungen der Regionalen Arbeitsvermittlungszentren sind unbestritten. In manchen Fällen aber gehen sie weit über das hinaus, was man gemeinhin von einem RAV erwartet.
Eine Gruppe junger Stellensuchender beispielsweise darf jeweils Sprachkurse im Ausland buchen. Dabei werden zum Beispiel Deutschkenntnisse in Deutschland vertieft – nicht etwa in Bern.
Während die überwiegende Mehrheit der Arbeitslosen im jeweiligen Heimatkanton büffelt, nutzen jährlich rund 180 Personen – ein Prozent aller Teilnehmer – die Gelegenheit und büffeln ausserhalb der Schweiz.
Anfang Februar erteilte das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) dem GLS Sprachenzentrum in Berlin den Zuschlag für die Durchführung von Deutschkursen für Schweizer Stellensuchende.
Wohnen bei einer Gastfamilie
Der Auftrag hat einen Umfang von 1'688'400 Franken. Pro Person kostet ein Kurs in der Hauptstadt 5900 Franken. Die Teilnehmer steuern 1600 Franken aus eigener Tasche bei. Während des dreimonatigen Unterrichts leben sie bei einer Gastfamilie.
Im Fokus stehen qualifizierte Arbeitslose im Alter zwischen 18 und 40 Jahren aus der Romandie und dem Tessin, die in Berlin für ein Diplom lernen sollen.
Seco-Sprecher Fabian Maienfisch: «Die Massnahme richtet sich an ein klar definiertes Zielpublikum besonders gut ausgebildeter Personen, die über bereits vorhandene Sprachkenntnisse verfügen und für drei Monate ins Ausland gehen können.»
Der Vorteil von Sprachkursen im Ausland bestehe darin, dass die Teilnehmenden Intensivkurse belegen und auch im Alltag mit der Sprache konfrontiert werden. Das Erlernte könne unmittelbar in der Schule, bei der Gastfamilie sowie in Alltagssituationen angewendet werden. Dabei müsse «die zu erwartende Verbesserung der Vermittlungsfähigkeit» erheblich sein, betont Maienfisch: Berliner Schnauze schlägt Bärndütsch.
«Ein Westschweizer muss dafür nicht nach Berlin»
FDP-Ständerat Damian Müller (34, LU) findet diese Sicht befremdlich. Er kann sich «kein Argument für Deutschkurse im Ausland vorstellen».
Stellensuchende sollen unterstützt werden, «aber ein Westschweizer muss dafür nicht nach Berlin», stellt der Freisinnige dezidiert fest. «Zudem richtet sich das Angebot an gut Ausgebildete.» Diese würden gegenüber anderen Arbeitslosen privilegiert. «Wer zuvor gut verdient hat, erhält auch eine höhere Arbeitslosenentschädigung. Wenn er einen Kurs im Ausland absolvieren will, soll er ihn selber finanzieren», so Müller.
SP-Nationalrat und Gewerkschafter Corrado Pardini (53, BE) sieht das anders: «Es scheint mir nachvollziehbar, dass Romands oder Tessiner und Tessinerinnen, die ihren Bewerbungsradius auf die Deutschschweiz erweitern wollen, einen entsprechenden Deutschkurs absolvieren.»
Aus Erfahrung in seinem eigenen beruflichen Umfeld könne er bestätigen, «dass ein Sprachkurs in Deutschland für Tessiner respektive Romands einen grösseren Erfolg in kürzerer Zeit verspricht, als wenn man ihnen einen Deutschkurs in der Romandie oder im Tessin finanziert».
SP-Pardini findets effizient
Die Betroffenen bewegten sich in Deutschland in einem deutschsprachigen Umfeld, sie lernten die Sprache in der Schule, die auf der Strasse, im Café gesprochen werde. Das für die Kurse investierte Geld sorge auf diese Weise für einen grösseren Erfolg und sei effizienter eingesetzt, sagt Pardini.
Die Diskussion der beiden Nationalräte über Sinn und Unsinn von Sprachkursen im Ausland spielt vor dem Hintergrund eines funktionierenden Arbeitsmarkts in der Schweiz – und damit einer tiefen Arbeitslosigkeit.
Ende Januar waren weniger als 124'000 Personen beim RAV angemeldet – das ergibt eine Quote von 2,8 Prozent.
Das ist im internationalen Vergleich ein guter Wert, freilich hilft dies den Betroffenen in ihrem persönlichen Schicksal relativ wenig. Allen vollmundigen Ansagen und Absichtserklärungen der Politik zum Trotz gelingt es gerade vielen über 50-jährigen Stellenlosen oftmals nur mit grossen Mühen, wieder im Arbeitsmarkt Fuss zu fassen – wenn überhaupt.