Das süsse Leben der Studenten: viel Freizeit, lernen, wonach einem der Sinn steht – und jede Menge Party. Aber ist das wirklich so? Die Realität an Schweizer Unis sieht längst anders aus: Leistungsdruck, durchgetakteter Alltag, stressige Nebenjobs. L. S.* (26) wurde das alles zu viel. Die Wirtschaftsstudentin war zunächst erschöpft, später abgelöscht, irgendwann konnte sie sich am Morgen nicht mehr aufraffen. Diagnose: Depression.
So wie S. geht es immer mehr Studierenden und Doktoranden. Und die Uni-Beratungsstellen verzeichnen eine stark steigende Zahl von Hilfesuchenden. Der Jahresbericht der Psychologischen Beratungsstelle der Uni Zürich und der ETH zeigt: 2018 wandten sich 1765 Personen an deren geschulte Psychologen. Das sind 20 Prozent mehr als im Jahr zuvor (siehe Grafik). Insgesamt führte die Stelle 3320 Beratungsgespräche – so viele wie noch nie.
Laut Jahresbericht bringt der Ansturm auch die Psychologen an ihre Grenzen. Die hohe Nachfrage habe dazu geführt, dass die Beratungsstelle ihrem Auftrag «nur unter starker Beanspruchung und Überzeit der Mitarbeitenden» gerecht werden könne.
Andere Unis, gleiches Bild: Auch in Basel und St. Gallen nehmen Studierende deutlich häufiger als früher psychologische Hilfe in Anspruch. Die Beratungsstelle der Uni Basel registrierte im vergangenen Jahr 174 Klienten – im Vergleich mit 2017 ebenfalls ein Anstieg um knapp ein Fünftel. In St. Gallen mussten rund 230 Studierende unterstützt werden. Dort nehmen die Fallzahlen pro Jahr um rund 15 Prozent zu. Die Uni Bern konnte keine verlässlichen Daten liefern.
Die Fälle sind nur die Spitze des Eisbergs, die Dunkelziffer ist hoch. Denn bei weitem nicht alle Studenten mit psychischen Problemen wenden sich an universitätsinterne Ansprechpersonen. Markus Diem, Leiter der Basler Beratungsstelle (Bild): «Diese Entwicklung zieht sich in der Schweiz und in Deutschland seit Jahren hin.»
Es braucht mehr Coaching, mehr Betreuung, mehr Führung
Immer häufiger würden sich Hilfesuchende mit leichten bis mittelschweren Depressionen oder mit Angststörungen melden. In etwa 80 Prozent der Fälle könnten diese erfolgreich behandelt werden, der Rest wird an externe Psychotherapeuten weitervermittelt.
Die Gründe für den Anstieg sind vielschichtig. Diem nennt etwa die Vereinzelung aufgrund der Digitalisierung, der gesellschaftliche Druck zur Selbstoptimierung oder die Tendenz, keine negativen Gefühle mehr zuzulassen. An den Universitäten würden sich diese Entwicklungen besonders stark auswirken. «Die Hochschulen sind eine Art Durchlauferhitzer. Sie kümmern sich schlechter als jeder Betrieb um seine Mitarbeitenden.» Er fordert deshalb mehr Coaching, Betreuung und Führung.
Die Anforderungen nehmen zu
Fatljume Halili sieht das ähnlich. Sie ist Vorsitzende des studentischen Vereins Mind-Map, der sich zum Ziel gesetzt hat, das öffentliche Bewusstsein für psychische Gesundheit im Uni-Alltag zu fördern. «Die Universität ist ein Umfeld, wo enormer Leistungsdruck herrscht. Die Arbeit ist nie fertig, und man könnte es immer besser machen», sagt sie.
Und: Die Anforderungen nehmen zu: «Aufgrund des Bologna-Systems sind die Studienzeiten kürzer und intensiver geworden.» Dabei lasse man ausser Acht, dass die meisten Studierenden heute neben der Uni arbeiten müssen.
Macht das Studium also krank? Jein. Eine Studie des Bundesamts für Statistik (BFS) zeigte kürzlich, dass es um das Wohlergehen von Schweizer Studenten schlechter steht als anderswo in der Bevölkerung. Während sich durchschnittlich 94 Prozent der 20- bis 35-Jährigen als gesund bezeichnen, sind es bei den Studierenden nur drei Viertel.
Finanzielle Situation spielt mit
18 Prozent der Hochschulabsolventen gaben bei der Befragung dauerhafte Gesundheitsprobleme an. Die meisten hatten nach eigenen Angaben chronische Krankheiten oder psychische Probleme. Am besten fühlen sich Sportstudenten, gefolgt von Land- und Forstwirtschaftlern. Auch Wirtschaftswissenschaftler finden sich deutlich häufiger gesund als ihre Kommilitonen aus den Geistes- und Sozialwissenschaften.
Ein wichtiger Faktor für den schlechten Gesundheitszustand der junge Leute ist ihre materielle Situation. Die zehn Prozent der Studierenden, die sich durch ihre Gesundheitsprobleme eingeschränkt fühlen, sind gemäss Studie finanziell deutlich schlechter gestellt als der Durchschnitt aller Studierenden.
*Name der Redaktion bekannt
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