Das wüste Treiben des Bieler Hasspredigers Abu Ramadan
Behörden wussten alles – und taten nichts!

Der Nachrichtendienst des Bundes weiss seit Jahren vom Gebaren Abu Ramadans. Dennoch schritten die Behörden nie gegen ihn ein.
Publiziert: 27.08.2017 um 12:50 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 13:50 Uhr
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Hassprediger Abu Ramadan ruft im Gebet dazu auf, andere Gruppen zu vernichten. Das reiche für ein Verfahren, sagen Experten.
Foto: Keystone
Sermîn Faki

Aushilfsimam Abu Ramadan betet: «Oh Allah, ich bitte dich ... vernichte die Juden, die Christen und die Hindus und die Russen und die Schiiten.» In der Bieler Al-Rahman-Moschee warnt er die Gläubigen – darunter viele junge Männer – ausdrücklich vor Freundschaften mit «Ungläubigen». Ein Bericht der SRF-Sendung «Rundschau» vom Mittwoch über den Prediger war gestern sogar auf der Web­-site des Nachrichtensenders Al Arabiya aus Dubai ein Thema.

Imame sind bekannt

Die Bieler Moschee ist schon vor Jahren als besonders radikal aufgefallen – auch dem Nachrichtendienst des Bundes (NDB). Zwar will man sich dort nicht zum Einzelfall äussern, Sprecherin Isabelle Graber bestätigt aber gegenüber SonntagsBlick: «Tatsache ist, dass dem NDB sowohl die Moschee wie auch die in den Me­dien erwähnten Imame seit längerem bekannt sind.»

Die «Rundschau» zeigte unter anderem ein Youtube-Video von 2013, das Abu Ramadan unter ­einer Flagge zeigt, die zum Dschihad aufruft. Dennoch kann der ­libysche Hassprediger auch vier Jahre später noch ungehindert seine Hetze verbreiten. Bis Journalisten sein Treiben öffentlich machen. Wie kann das sein?

Biel fühlt sich nicht zuständig

Der NDB sagt, er habe keine rechtliche Grundlage, um Mo­scheen oder Imame zu beobachten, solange kein konkreter Gewaltbezug vorliege.
Auch Biel fühlt sich nicht zuständig. Andreas Glauser, Leiter der Ab­teilung öffentliche Sicherheit: «Es ist nicht an der Stadt Biel, die Moscheen aktiv zu überwachen, wir haben dazu auch nicht die Kompetenzen.»

Es gebe zwar Kontakte zu den örtlichen Moscheen, etwa von Gewerbe- und Verkehrspolizei oder der Integrationsförderung. Glauser weiter: «Allfällige Erkenntnisse oder Verdachte leiten wir an die Kantonspolizei weiter.»

Inzwischen liegt mehr vor als ein Verdacht. Doch noch immer prüft die Gemeinde, ob sie wegen Abu Ramadans Hassgebet Strafanzeige erstatten soll. Auch die Berner Staatsanwaltschaft hat bis Ende Woche kein Verfahren eingeleitet.

Aufruf zum Hass

Dabei ist der Fall völlig klar. «Die Zitate erfüllen meines Erachtens den Tatbestand von Artikel 261bis Absatz 1 des Strafgesetz­buches», sagt Gerhard Fiolka (42), Rechtsprofessor an der Uni Freiburg, einer der angesehensten Experten für die Antirassismus-Strafnorm. «Das Gebet, die genannten Gruppen zu vernichten, ist ein deutlicher Aufruf zum Hass gegenüber den genannten religiösen Gruppen.» Die Strafverfolgungsbehörden seien verpflichtet, ein Verfahren zu eröffnen.

Das meint auch der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG). Generalsekretär Jonathan Kreutner (38): «Wir gehen davon aus, dass die Behörden da hart durchgreifen und die rechtlichen Möglichkeiten konsequent ausschöpfen, unter anderem mit ­einem Verfahren wegen Aufrufs zur Gewalt.» Doch geschehen ist bisher nichts.

«Der Fall Biel hat mich fast zur Weissglut getrieben»

Mehrere Politiker wollen nicht länger zusehen. «Der Fall Biel hat mich fast zur Weissglut getrieben», sagt Joachim Eder (65). Den Zuger FDP-Ständerat ärgert es, dass alle paar Monate wieder ein ähnlicher Skandal an die Öffentlichkeit gelange. Eder: «Gewisse Islamisten tanzen unserem Rechtsstaat offenbar auf der Nase herum!» Der Fall Abu Ramadan ist für ihn klar: «Dieser Mann muss das Land verlassen. In Libyen wird er ja mit offenen Armen empfangen. Wir haben keinen Platz für solche Hassprediger.»

Für die Zukunft hofft der FDP-Mann auf das neue Nachrichtendienstgesetz. Wenn auch damit den Radikalen in Hinterhofmoscheen nicht das Handwerk gelegt werden könne, müsse das Parlament nochmals über die Bücher.

Für BDP-Fraktionschefin Rosmarie Quadranti (60) zeigt der Fall Biel, dass der Staat die Kontrolle über Ausbildung und Tätigkeiten der Imame zu übernehmen hat. «Wir müssen über eine staat­liche Imam-Ausbildung oder -Prüfung nachdenken.» Wie die aktu­elle SonntagsBlick-Umfrage zeigt, ist mittlerweile eine Mehrheit der Schweizer gleicher Meinung.

Verhaltenskodex

Quadranti sieht aber auch die muslimischen Verbände in der Pflicht: «Sie sollten sich endlich einen Verhaltenskodex geben. Und radikale Kräfte isolieren. Das geschehe heute zu wenig. Symptomatisch sei die Reaktion auf den Bieler Hassprediger: Dessen Aussagen seien «völlig inakzeptabel», konstatiert zwar Önder Günes, Sprecher der Föderation islamischer Dachorganisationen der Schweiz (FIDS), des grössten Dachverbandes Schweizer Mus­lime.

Um zugleich darauf hinzuweisen, dass weder Abu Ramadan noch die Bieler Moschee zur FIDS gehören. Diese Haltung verwundert Quadranti: Es wäre doch im Eigeninteresse der Verbände, mehr zu machen, «denn Hassprediger und Islamisten bringen den Islam in Verruf».

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