Video löst rassistische und antisemitische Kommentare aus
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Nach jüdischem Anlass in Davos:Video löst rassistische und antisemitische Kommentare aus

Das sagt Davos nach der Stänkerei über Juden
«Beide Seiten müssen aufeinander zugehen»

Eine jüdische Zeremonie in Davos sorgte für Aufsehen und negative Kommentare. Es ist nicht das erste Mal, dass es zwischen Einheimischen und Gästen zu Konflikten kommt. Ein Aufklärungsprogramm will nun den Dialog fördern.
Publiziert: 22.08.2019 um 12:50 Uhr
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Aktualisiert: 22.08.2019 um 17:47 Uhr
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2000 Juden feierten letzte Woche in Davos GR die Thora-Einweihung.
Foto: Zvg
Anastasia Mamonova

2000 orthodoxe Juden feierten letzte Woche eine Thora*-Einweihung in Davos GR. Knapp zwei Stunden lang tanzten und sangen sie auf der Strasse. Die Zeremonie zog viele Zuschauer an, doch nicht alle teilten die ausgelassene Stimmung. 

Der Davoser Landrat, Conrad Stiffler, postete ein Video von der Prozession auf Facebook mit der Aufschrift «Jetzt sind wir soweit. Unglaublich.» Viele pflichteten ihm bei. «Wir sind doch nicht in Israel. Wir sind in der Schweiz», schreibt ein Bündner. Ein anderer: «Unsere Heimat ist verloren.» 

«Gewisse Diskrepanzen»

Dass Leute den Begriff «Heimat» ins Spiel bringen, komme auch vor, wenn es um Themen wie WEF oder Zweitwohnungen geht, sagt Davoser Gemeindeschreiber Michael Straub zu BLICK. «Wenn mal was nicht dem grauen Alltag entspricht, gibts kritische Einwände. Das ist normal.»

Er ist dennoch der Ansicht, dass es sich um «Einzelmeinungen» handelt und verweist auch auf diejenigen, die sich in den sozialen Medien gegen die Motzer wehren. Es sei ihm aber nicht entgangen, dass es seit geraumer Zeit «gewisse Diskrepanzen zwischen dem Verhalten der jüdischen Gäste und den diesbezüglichen Erwartungen der Einheimischen gibt».

So gab es in der Vergangenheit immer wieder Rückmeldungen über das «eigentümliche Verhalten» der jüdischen Gemeinschaft. Zum Beispiel meldeten Gäste, dass volle Windeln im Wald entsorgt wurden.

Dem pflichtet auch Samuel Rosenast, Pressesprecher Tourismus Davos Klosters, bei. «Es gibt manchmal Situationen, in denen das Auftreten der jüdischen Gäste bei anderen Personen Fragen aufwirft. Auch aufgrund der Unkenntnis von Religionen», sagt er zu BLICK.

«Kürzlich hat mich eine jüdische Familie auf der Strasse als erste begrüsst – das war früher nicht so»

Michael Straub ist trotzdem überzeugt: «Beide Seiten müssen aufeinander zugehen.» Dass Davos ein Antisemitismus-Problem hat, glaubt er nicht. «Es ist hier nicht anders als sonst wo in der Schweiz. Wir sind sogar sehr offen, das zeigt auch das Programm Likrat Public.» Dieses wurde vom Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund in dieser Form zum ersten Mal in Davos aufgegleist. «Um Missverständnisse zu vermeiden und die interkulturelle Verständigung zu fördern», sagt Rosenast.

Beide Seiten hätten diesen Schritt als notwendig empfunden, sagt Straub. Obwohl das Programm erst seit wenigen Wochen läuft, konnte der Gemeindeschreiber selbst bereits positive Veränderungen feststellen. «Kürzlich hat mich eine jüdische Familie auf der Strasse als erste begrüsst, das war früher nicht so. Da war ich sehr angenehm überrascht. Da geht jetzt was», freut er sich.

Broschüren und Vermittler vor Ort

Im Rahmen von Likrat Public werden zum einen Broschüren in verschiedenen Sprachen in Hotels oder Tourismusbüros aufgelegt. Die Info-Texte klären über jüdische Bräuche und Traditionen auf. Neben Hinweisen zu koscheren Mahlzeiten und zum Schabbat steht da auch: «Wenn ein streng religiöser jüdischer Gast einer Frau die Hand nicht reicht, hat das nichts mit unfreundlichem Benehmen zu tun, sondern hat traditionelle Gründe.»

Nicht nur die Prospekte, auch konkrete Menschen helfen vor Ort. «Vermittler von der jüdischen Gemeinschaft in der Schweiz reisen nach Davos und betreiben Aufklärungsarbeit. Wenn jemand also irgendwelche Fragen hat, kann er sich jederzeit gern an unsere Mitarbeiter werden», sagt Rosenast.

Kontakt zur Community wird gesucht

Die Vermittler besuchen zum einen Läden wie Coop oder Spar, die koschere Produkte im Sortiment führen, und sprechen dort mit Mitarbeitern über potenzielle Verbesserungen im Begegnungsprozess.

Zum anderen suchen sie auch den Kontakt zur jüdischen Community auf Spielplätzen oder anderen öffentlichen Begegnungszonen und versuchen, den Menschen lokale Sitten näherzubringen, «zum Beispiel, dass man hierzulande in der Regel nicht so laut spricht», erklärt Straub.

Am heutigen Donnerstag findet in Davos im Rahmen von Likrat Public eine öffentliche Veranstaltung statt. Jüdische Gäste, lokale Bevölkerung und Gastgeber sind eingeladen, um 19 Uhr im «Kaffeeklatsch» ihre Fragen zu stellen.

* Die Thora ist der erste Teil des Tanach, der hebräischen Bibel.

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