Chef der Ju-Air hinterfragt Ermittlungen
Entstand der Rost erst nach dem Absturz?

Der Zwischenbericht der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust) stellt der Ju-Air ein fatales Zeugnis aus: Die Unglücksmaschine HB-Hot hatte ein verrostetes Innenleben. Seitens der Airline hegt man Zweifel ob der Herkunft der Schäden.
Publiziert: 20.11.2018 um 20:15 Uhr
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Aktualisiert: 21.11.2018 um 10:58 Uhr
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Kann sich die Schäden nicht erklären: Ju-Air-Chef Kurt Waldmeier.
Foto: Keystone
Marco Latzer

Der Absturz der Ju-52 bleibt auch dreieinhalb Monate nach dem fatalen Senkrecht-Crash oberhalb von Flims GR ein Rätsel. Der gestern veröffentlichte Zwischenbericht der Unfalluntersuchungsstelle (Sust) zeigt aber: Technische Mängel können als Ursache für den Tod der 20 Menschen an Bord ausgeschlossen werden.

In den Fokus der weiteren Ermittlungen dürfte ein Pilotenfehler rücken. Die Ju-Air steht bei der Klärung der Schuldfrage zwar nicht mehr im Mittelpunkt, doch das Zeugnis fällt für die Rundflug-Airline fatal aus.

Das rostige Innenleben der HB-Hot

Denn: Die verunglückte Maschine HB-Hot war ein Rost-Flieger. Bei der Rekonstruktion des Wracks wurden an Holmen, Scharnieren und Beschlägen der Tragflügel laut Bericht «erhebliche» Korrosionsschäden gefunden.

Der Holzboden der Kabine war morsch, beschädigte Treibstoff- und Ölschläuche standen seit 30 Jahren im Einsatz. Die Folge: Ein unbefristetes Flugverbot für die beiden verbliebenen, baugleichen Ju-52, erlassen durch das Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl).

Airline-Chef Kurt Waldmeier kann die Mängel offenbar nicht verstehen: «Ich werde in den Hangar nach Payerne gehen, um mir über die Dinge, die auf den Bildern zu sehen sind, ein eigenes Urteil zu bilden.»

Ju-Air-Chef hinterfragt Ermittlungen

Erwiesen ist, dass die Mängel bei sämtlichen Kontrollen nicht aufgefallen sind. Von schlechter Wartung oder Kontrolle will Waldmeier dennoch nichts wissen. Im Gegenteil.

Seine steile These: «Das Flugzeug lag einige Tage an der Absturzstelle. Trümmerteile mussten von Menschenteilen getrennt werden. Es kam Feuchtigkeit dazu, zwischenzeitlich hat es auch geregnet. Und wir wissen nicht, wie die Teile nach dem Abtransport gelagert wurden.» 

Der Ju-Boss führt damit indirekt Ermittlungspannen ins Feld. Ein Ablenkungsmanöver? Denn Untersuchungsleiter Daniel Knecht sagt nüchtern: «Die Schäden sind mit grösster Wahrscheinlichkeit über einen längeren Zeitpunkt entstanden.» Bergung und Lagerung könnten als Ursache praktisch ausgeschlossen werden.

Für das Bazl sind es «schwerwiegende Strukturschäden»

Beim Bazl spricht Sprecher Christian Schubert auf Anfrage von BLICK von «schwerwiegenden Strukturschäden». Diese seien bei den Kontrollen nicht entdeckt worden, weil dafür eine Demontage oder ein spezielles Materialprüfungsverfahren nötig gewesen wäre.

«In diesem Kontext kann es gut sein, dass zusätzliche technische Anforderungen oder operationelle Einschränkungen in Betracht gezogen werden müssen», so Schubert. 

Chefpilot von Sicherheit überzeugt

Die Frage lautet somit einmal mehr: Wie sicher sind die Oldtimer des Typs Ju-52 nach 80 Jahren in der Luft? In den Augen von Ju-Air-Chefpilot Andreas Pfisterer (49) gibt es punkto Sicherheit nichts zu rütteln: «Ich würde noch heute wieder in das Flugzeug steigen, wenn das Flugverbot nicht wäre!»

Ob das die Passagiere gleich sehen, wird sich wegen der Winterpause der Ju-Air wohl erst nächstes Jahr zeigen.

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