Carsten B.* (50) aus Deutschland wird im Juni am Bahnhof von Wil SG übel verprügelt. Während sechs Wochen liegt der Elektromonteur danach im Spital. Die Diagnose: acht gebrochene Rippen, eine Lungenprellung, diverse Hautabschürfungen, Prellungen und Wunden am ganzen Körper.
«Das hätte übel enden können», weiss auch Carsten B., den BLICK schon kurz nach der wüsten Prügelei im Spital treffen konnte. «Heute geht es mir wieder besser, ich kann wieder arbeiten. Doch von Gerechtigkeit kann keine Rede sein.»
Zwar nimmt die Polizei kurz nach der Attacke fünf Schläger (zwei Syrer, zwei Schweizer und einen Mazedonier) im Alter zwischen 17 und 21 Jahren fest. Doch als Erster wird Carsten B. verurteilt – er hat sich des sogenannten Raufhandels schuldig gemacht!
Verprügelt, verletzt und verurteilt!
«Das ist ein schlechter Witz. Hier wird das Opfer zum Täter gemacht. Darf ich mich denn nicht wehren, wenn ich verprügelt werde?», fragt B. An jenem 4. Juni hält sich der Deutsche ab Mittag mit Bekannten am Wiler Bahnhofskiosk auf. B. beobachtet, wie zwei jüngere Männer eine ältere Frau anrempeln – und geht hinterher. «Mir war es wichtig, dass sie sich bei ihr persönlich entschuldigen.» Nach einem wüsten Wortgefecht fahren die beiden Kontrahenten im Bus davon.
Und kehren mit Verstärkung zurück. Laut Strafbefehl habe aber Carsten B. die Auseinandersetzung provoziert. «Indem er seinen Oberkörper entblösste und sein Oberteil in Richtung der Gruppe warf.»
Ameen O. (17): «Selber schuld, kassierte er Schläge»
Für die Staatsanwaltschaft ist klar: Carsten B. war es, der den Männern nachrannte, einen von ihnen am Halsbereich packte und damit die Schlägerei auslöste. Der Jugendliche habe darauf erst mit einem Faustschlag gegen den Kopf von B. reagiert.
Dann hätten auch dessen vier Freunde eingegriffen. «Insbesondere mit den Tritten gegen den am Boden liegenden Carsten B. nahm die Gruppe eine schwerwiegende Verletzung in Kauf», so der Strafbefehl.
Er habe doch nur den Rädelsführer zur Rede stellen wollen, beteuert Carsten B. «Als ich den Jungen erreicht hatte, wurde ich bereits getroffen. Dann habe ich nur noch versucht, mich zu verteidigen.»
Ameen O.* (17), ein Mitglied der Jugend-Gang, beteuerte gegenüber BLICK, die Gruppe habe sich erst zur Wehr gesetzt, als sie angegriffen wurde. «Da flogen von unserer Seite halt die ersten Fäuste. Er war selber schuld, dass er Schläge kriegte», so der Syrer.
Prügelopfer kann die Rechnung nicht bezahlen
Carsten B. wurde nun zu einer bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 100 Franken verurteilt. Der Entscheid ist inzwischen rechtskräftig. «Mir fehlte das Geld, um das anzufechten. Da ich unter dem Existenzminimum lebe, weiss ich nun auch nicht, wie ich die Verfahrenskosten von 3500 Franken bezahlen soll», sagt der Handwerker. «Das ist doch eine Frechheit!»
* Namen bekannt