Manchmal öffnet Simona Sgier aus Gewohnheit noch ihr Instagram-Profil. «Diese Seite ist leider nicht verfügbar», heisst es dann jeweils, und die 25-Jährige zuckt wieder kurz zusammen. Sie hat die Kontrolle verloren über die Seite, die in den letzten beiden Jahren einen Grossteil ihres Lebens bestimmt und welche sie fast täglich mit Bildern und Videos bespielt hatte.
Sgier gehört zu den wenigen Schweizern, die sich als Influencer bezeichnen können. Dank ihrer Instagram-Aktivitäten hat sie Werbeaufträge mit verschiedenen Firmen an Land gezogen. Rund 30'000 Menschen folgten ihr, interessierten sich für ihr Leben, ihre Reisen, ihr Essen. «In den vergangenen zwei Jahren habe ich unglaublich viel Zeit und Arbeit in das Profil investiert», sagt die 25-Jährige aus Chur.
Bis zum letzten Freitag, dann brach für Simona Sgier eine Welt zusammen. «Innerhalb weniger Sekunden habe ich alles verloren.»
«Mir wurde schlecht, und ich fühlte mich richtig machtlos»
Sgier wurde Opfer eines fiesen Hacker-Angriffs. «Alles begann mit einem E-Mail, vermeintlich von Instagram.» Die Bündnerin solle ihr Profil verifizieren lassen, heisst es darin. Dafür wären nur ein paar wenige Klicks notwendig. «Die Nachricht sah echt aus, auch wenn ich im Nachhinein natürlich nicht nochmals auf die Masche reinfallen würde», sagt Sgier. An jenem Abend folgt sie aber den Anweisungen im Mail – und merkt bald, dass sie in die Falle eines Betrügers geraten ist. «Das Herz schlug mir bis zum Hals. Mir wurde schlecht, und ich fühlte mich richtig machtlos.»
In ihr Profil kann sie sich kurz darauf nicht mehr einloggen. Via Whatsapp folgt dann die Forderung des Hackers, ihm 380 Franken zu überweisen, andernfalls würde ihr komplettes Instagram-Konto gelöscht.
Für Sgier ist es der Anfang einer langen Odyssee im Kampf um ihr aufwendig gepflegtes Insta-Profil – und ihren Nebenverdienst. Auf Hilfe von Facebook, dem Instagram seit 2012 gehört, hofft sie allerdings bis jetzt vergeblich. «Obwohl ich sogar eine Kopie meines Passes eingeschickt habe, glaubt man mir nicht, dass dieser Account wirklich zu mir gehört.»
Polizei rät zu gesundem Misstrauen
Bei der Polizei erstattet die Influencerin schliesslich Anzeige. «Es kommt hin und wieder vor, dass uns solche Fälle angezeigt werden. Ein gehacktes Profil mit so vielen Followern ist für uns jedoch aussergewöhnlich», sagt Roman Rüegg, Sprecher bei der Kapo Graubünden. Viel machen können aber auch die Beamten nicht gegen den Betrüger.
Es sei zwar in manchen Fällen möglich, die Täterschaft zu ermitteln. Grundsätzlich rät Rüegg aber: «Jeder Nutzer sollte ein gesundes Misstrauen an den Tag legen und keinen verdächtigen Links folgen oder unbekannte Anhänge öffnen.»
Die Hoffnung, trotzdem nochmals an ihr grosses Profil zu kommen, hat Simona Sgier auch fast eine Woche nach dem Horror nicht aufgegeben. Ihr Konto wurde zwar vom Hacker gelöscht, aber: «Ich bin überzeugt, dass bei Facebook genügend Backups vorhanden sind, mit denen mein Konto wiederhergestellt werden könnte», sagt Sgier. Dass sie notfalls auf Instagram nochmals bei null anfangen würde, bezweifelt die Bündnerin aber. «Ich glaube nicht, dass ich nochmals die Energie hätte, erneut so viel Arbeit dafür zu investieren.»
Egal, wie die Geschichte ausgeht: Sgier hofft, dass ihr Account-Verlust auch für andere ein Lehrblätz ist. «Ich hatte viele junge Follower, denen soll nicht das Gleiche passieren.»