BLICKpunkt über den Tierskandal von Hefenhofen
Thurgauer Feiglinge

Paul Witzig redet über leidende Tiere, als ginge es um Autos in einer Werkstatt. Beamte wie dieser Kantonstierarzt sind verantwortlich dafür, dass ständig neue Gesetze gefordert werden, meint Christian Dorer, Chefredaktor der Blick-Gruppe.
Publiziert: 11.08.2017 um 23:34 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 18:33 Uhr
«Der Versager aus dem Thurgau»
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BLICKpunkt mit Christian Dorer:«Der Versager aus dem Thurgau»
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Christian Dorer

Wenn ein Landwirt Kinder quält – würden die Behörden aus Angst vor dem Mann tatenlos zuschauen? Würden sie auch dann noch auf Massnahmen verzichten, wenn sich ein Bankräuber auf dem Hof versteckt? Natürlich nicht! Ganz ähnlich aber haben die Verantwortlichen im Fall des Thurgauer Tierquälers Ulrich K. reagiert: Alle wussten seit Jahren von groben Missständen, von leidenden Tieren, von permanenter Missachtung der Gesetze.

Und was unternahm der zuständige Kantonstierarzt Paul Witzig? Aus Angst vor K. machte er seit langem einen Bogen um den Quälhof. Und wie reagierte sein Chef, Regierungsrat Walter Schönholzer? Er liess Witzig gewähren. Und was tat Gemeindepräsident Andreas Diethelm? Er pflegte weiter seine Freundschaft zum früheren Schulkollegen K.!

Das Treiben des Tierquälers wäre wohl noch ewig weitergegangen, hätte nicht dessen ehemalige Vertraute heimlich Fotos von abgemagerten, leidenden, blutenden Pferden gemacht und BLICK eingeschaltet. Erst nach der Veröffentlichung, die eine nationale Empörungswelle auslöste, richteten auch andere Medien ihren Fokus auf den Skandal im Thurgau – nur der Chef der NZZ-Regionalmedien verlor auf Twitter ein wenig die Contenance, weil BLICK die Nase vorn hatte.

Nachdem der Kantonstierarzt jahrelang beteuerte, man könne leider nichts machen, liess er unter dem Druck der Öffentlichkeit am Montag endlich den Hof räumen: Ein Kalb, zwei Schweine und zwei Hühner mussten eingeschläfert werden; 250 Tiere wurden abtransportiert, darunter 93 Pferde, 25 Schafe in schlechtem, 80 Schweine in bedenklichem Zustand. 

Und was sagte Tierarzt Witzig, der zu feige gewesen war, seinen Job zu machen? «Die Tierhaltung ist nicht gut, aber auch keine völlige Entgleisung.» Seinem Heimatblatt, der «Thurgauer Zeitung», erzählte der Veterinär, er habe viele Pferde mit schlechtem Hufzustand angetroffen: «Zur Freude der anwesenden vier Hufschmiedrekruten, die das nicht jeden Tag sehen.» – « Zur Freude?» Man glaubt es kaum: Als handelte es sich nicht um Lebewesen, sondern um den vertrackten Fall eines defekten Automotors.

In einem nicht staatlichen Unternehmen sässe solch ein Chef am nächsten Tag nicht mehr auf seinem Sessel – beim Staat scheint dieses Verhalten entschuldbar. Dabei sorgen genau solche Beamte dafür, dass ständig neue Gesetze gemacht werden müssen. Weil sie die bestehenden nicht konsequent anwenden, weil sie mutlos, träge, unfähig sind – oder alles zugleich.

In den vergangenen Jahren hat die Schweiz das Tierrecht ständig verschärft. Wenn sie es aber Beamten wie Paul Witzig überlässt, für die Einhaltung dieser Gesetze zu sorgen, ist der nächste Skandal wie im Thurgau nur eine Frage der Zeit.

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