Die Räumungsarbeiten an der Absturzstelle der Junkers Ju-52 sind abgeschlossen. Als BLICK sich gestern früh zum Unglücksort begibt, suchen allerdings noch einige Soldaten das Trümmerfeld ab. «Wir sind, wenn man denn so will, die allerletzte Putztruppe hier oben», sagt ein Mitglied der Truppe.
Kurz nach 11 Uhr braust ein Super Puma herbei, um die Männer abzuholen. Ab diesem Zeitpunkt herrscht an der Westflanke des Piz Segnas wieder die gleiche Ruhe, die hier vor dem verhängnisvollen 4. August herrschte.
Aus der weiten Ferne ist leises Kuhglockengebimmel zu hören. Es geht ein leichter Wind. Ansonsten ist es am Fusse des berühmten Martinslochs auf 2540 Metern über Meer fast schon gespenstisch still. Als wäre hier nie etwas Schlimmes geschehen. Was auch an der gründlichen Bergung der Unfallstelle liegt.
Die letzten Überreste der «Tante Ju»
Grosse Flugzeugteile wie das Heck wurden in Einzelteile zerfräst und mit Helikoptern ins Tal transportiert. Um das Erdreich umzupflügen, wurde wohl auch gebaggert. Spuren eines Raupenfahrzeugs deuten dies zumindest an.
Nur die in einem Radius von etwa 25 Metern aufgewühlte Erde und einige Klein- und Kleinstteile rundherum erinnern an den heftigen Senkrechtaufschlag der Maschine.
Wer ganz genau hinschaut, kann noch Lackierungsreste, Schrauben, Metallteile oder Fragmente von Fensterscheiben entdecken. Die letzten Überreste der verunglückten «Tante Ju».
Ein Schrein der Erinnerung
Trotzdem könnte man den Aufprallort der Ju-52 glatt übersehen, obwohl dieser einen Steinwurf neben dem Wanderweg von Flims GR nach Elm GL liegt! Damit dies nicht geschieht, wurde ein kleiner Schrein errichtet.
An einem aufgeschichteten Steinhaufen wurden Blumen und Kerzen abgelegt. Im Gedenken an 20 Menschen, die im mächtigen Kessel des Sardona-Weltnaturerbes binnen weniger verhängnisvollen Sekunden ihre Leben verloren.
Wanderer machen Fotos
«Man kann hier die Trauer und das Leid beinahe greifen. Einfach nur traurig», schildert ein talwärts laufender Wanderer. Er fotografiert den Schrein, zieht dann wieder von dannen.
Er war von weiter oben, dem Segnespass auf 2627 Metern, gekommen. Von dort aus ist die Absturzstelle nur als kleiner Fleck inmitten der imposanten Tektonikarena zu sehen.
Und doch lassen sich hier die letzten Sekunden der 79-jährigen Ju-52 gut nachvollziehen: Wie die Maschine von Flims den Kessel hochkommt und an dessen Ende eine starke Linkskurve einleitet.
Ärzte eilten noch zum Unglücksort
Und wie das Flugzeug kurz vor Abschluss der Lenkbewegung plötzlich und beinahe senkrecht zu Boden fällt. «Das war definitiv ein Strömungsabriss. Es kann keine andere Erklärung geben», sagt ein passionierter Gleitschirmflieger in der Passhütte.
Von hier eilen kurz nach dem Absturz vier zufällig anwesende Ärzte den Berg hinunter, um den Verunglückten zu Hilfe zu eilen. Vergebens. Niemand an Bord hatte eine Chance.
Im Hüttenbuch erinnert ein kleiner Eintrag an das schlimme Ereignis: «16.56 Uhr. Absturz ‹Tante Ju› mit 20 Insassen.» Der exakte Zeitpunkt, an dem die Trauer im Sardona-Gebiet Einzug hielt.
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