Nach dem Unfall: Ein Abschleppwagen birgt den LKW.
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Opfer stammen aus Adelboden BE:Sechs Schweizer sterben bei Unfall in Schweden

Tod auf dem Polarlicht-Trip in Schweden
Diese Adelbodner sassen im verunglückten Minibus

Adelboden steht unter Schock. Ausgerechnet am Weltcup-Wochenende erreicht das Dorf die Schreckensnachricht, dass sechs junge Männer, fünf von ihnen aus Adelboden selber, in Schweden bei einem Crash mit einem LKW ums Leben kamen.
Publiziert: 13.01.2019 um 19:02 Uhr
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Aktualisiert: 03.01.2020 um 10:17 Uhr
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War das älteste von sechs Kindern: Franz M.* (†19).
Foto: zvg
Céline Trachsel, Marco Latzer, Guido Felder und Sandro Inguscio

In Adelboden BE prallen am Samstag Welten aufeinander. Während die weltbesten Riesenslalom-Fahrer das Chuenisbärgli hinunter schiessen, erhalten im Dorf mehrere Familien die Schock-Nachricht vom Tod ihrer Kinder.

Von einem Moment auf den anderen ist für zahlreiche Angehörige nichts mehr, wie es einmal war: Sieben junge Männer sind auf dem Heimweg ihrer mehrwöchigen Ferien in Norwegen schwer verunglückt. Nur einer der Minibus-Insassen überlebt den fatalen Crash mit einem LKW leicht verletzt. Sechs junge Leben enden dagegen abrupt. Und viel zu früh!

«Mit grosser Betroffenheit nimmt das EDA vom schweren Autounglück Kenntnis, bei dem in Schweden sechs Schweizer Staatsangehörige ums Leben kamen und eine Person verletzt wurde», sagt Sprecherin Noémie Charton zu BLICK.

Familien stehen völlig unter Schock

BLICK-Recherchen zeigen: Die Männergruppe aus dem Berner Oberland ist vor dem Jahreswechsel aufgebrochen, um in Norwegen die eindrücklichen Nordlichter (Aurora borealis) zu bewundern. Die Leuchterscheinungen nördlich des Polarkreises standen früher im Ruf, Zeichen der Götter zu sein.

Eine Faszination, der wohl auch die Touristen aus der Schweiz erlegen sind. Denn die jungen Männer galten als religiös, verkehrten zusammen in freikirchlichen Glaubensgemeinschaften. In Norwegen wähnten sie sich der Schöpfung Gottes wohl ganz nah.

«Wir sind in Adelboden sehr betroffen!»
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OK-Chef zum Unglück:«Wir sind in Adelboden sehr betroffen!»

Aller Spiritualität zum Trotz: Während den Ausflügen standen auch Eisfischen und Schneeschuhwandern auf dem Programm. Schon im Vorjahr hatte eine solche Reise in fast identischer Besetzung stattgefunden.

Eines der Opfer ist Ramon K.* (†20). Vielen ist er als aus dem Skiclub bekannt, wo er zusammen mit seinem Bruder aktiv war. Neben der Piste absolvierte K. in der Gemeindekanzlei eine Lehre zum kaufmännischen Angestellten, die er 2017 mit guten Noten abzuschliessen vermochte.

Auch Patrick R.* (†25) kommt beim Minibus-Drama ums Leben. Nachbar R.S.* geht mit dem Vater des gelernten Zimmermanns am Tag nach der traurigen Kunde Schneeschippen. «Er steht nach dem Tod seines Buben völlig unter Schock und musste irgendwo Energie abbauen», erklärt S. gegenüber BLICK.

Letztmals waren sie an Weihnachten zusammen

Den Verstorbenen, dessen grosse Leidenschaft in der Freizeit dem Gleitschirmfliegen galt, beschreibt der gut befreundete Anwohner als bodenständig und freundlich.

«An Weihnachten hat die Familie mit allen vier Kindern zusammen gefeiert. Es gibt ihnen allen Kraft, dass die letzte Begegnung mit Patrick so schön und harmonisch war», sagt S.

Halt würden die Angehörigen von Patrick R. in diesen schweren Stunden auch in ihrem Glauben finden. Sie gehören der Missionsgemeinde von Adelboden an.

Gross ist die Trauer auch bei einem KMU im Dorf, wo man den Tod von Pascal T.* (†27) zu beklagen hat. Der Metallbauschlosser war als junger Montageleiter bereits in einer der wichtigsten Positionen seines Unternehmens tätig. Galt als tüchtig und fleissig. Die Zukunft stand ihm weit offen.

Firma trauert um tüchtigen Schlosser

«Ich habe davon gehört», sagt sein Chef traurig zu BLICK. Er weiss: Sein angesehener Mitarbeiter, der nach der Rückreise heute wieder hätte zur Arbeit erscheinen sollen, wird nie mehr zurückkehren.

Es handelt sich in diesem Fall um eine doppelte Tragödie: Auch der jüngere Bruder von Pascal, der Bauingenieur Samuel T.* (25), hat den tragischen Unfall in Schweden nicht überlebt.

Eine Bekannte versucht die Todesfälle in Worte zu fassen: «Es waren liebe, junge Männer, denen vor allem die Botschaft von Jesus am Herzen lag.» Der Vater von Pascal und Samuel T. ist Pastor beim lokalen Ableger der Gemeinde für Christus, der die ganze Familie angehört.

Der Jüngste im Minibus ist Franz M.* (†19). Der leidenschaftliche und handwerklich begabte Musiker hatte erst im letzten Sommer eine Lehre als Schreiner abgeschlossen, war das älteste von insgesamt sechs Kindern einer Grossfamilie. Nun ist seine Gitarre für immer verstummt.

Die Liste der beim Horror-Crash verunglückten Männer komplettiert gemäss BLICK-Recherchen ein junger Mann, der zuletzt im Kanton Aargau wohnhaft war. Auch er dürfte vor seinem Wegzug aus dem Berner Oberland in Adelboden aufgewachsen sein.

Grosse Anteilnahme im Dorf

Adelboden steht unter Schock, sämtliche Festivitäten nach der grossen Ski-Gaudi am Sonntag wurden abgesagt (BLICK berichtete).

Die Jugendlichen der betroffenen Glaubensgemeinschaften gedachten schon am Samstagabend der jungen Opfer. Ab Montag sollen im Dorf Kondolenzbücher öffentlich aufgelegt werden.

* Namen geändert

So entstehen Polarlichter

Das Polarlicht-Phänomen entsteht, wenn elektrisch geladene Sonnenteilchen des Sonnenwindes auf die Erdatmosphäre treffen. Dort laden sie Sauerstoff und Stickstoffatome elektrisch auf, die Energie wird als violettes, grünes, weisses, oder gelbes Licht wieder abgegeben.

Da das Magnetfeld der Erde an den Polen schwächer ist, können die Teilchen dort leichter in die Atmosphäre eindringen. In welcher Farbe der Himmel dann erglüht, hängt von der Höhe und der Art der Teilchen ab, die aufeinandertreffen.

Durch Sonnenwinde können grosse Spannungsfelder um die Erde entstehen, die auch Radioempfang, Satellitenkommunikation oder Stromnetze stören können.

Polarlicht bei Tromsø (N).
Polarlicht bei Tromsø (N).

Das Polarlicht-Phänomen entsteht, wenn elektrisch geladene Sonnenteilchen des Sonnenwindes auf die Erdatmosphäre treffen. Dort laden sie Sauerstoff und Stickstoffatome elektrisch auf, die Energie wird als violettes, grünes, weisses, oder gelbes Licht wieder abgegeben.

Da das Magnetfeld der Erde an den Polen schwächer ist, können die Teilchen dort leichter in die Atmosphäre eindringen. In welcher Farbe der Himmel dann erglüht, hängt von der Höhe und der Art der Teilchen ab, die aufeinandertreffen.

Durch Sonnenwinde können grosse Spannungsfelder um die Erde entstehen, die auch Radioempfang, Satellitenkommunikation oder Stromnetze stören können.

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