«Ich gehe nicht in die Psychiatrie»
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Rucksack sorgt für Einsatz:«Ich gehe nicht in die Psychiatrie»

Fake-Bombenleger sorgte in Bern für Angst und Schrecken
Jetzt muss Andreas B. (40) in die Therapie

Am 1. August 2017 sorgte der St. Galler Andreas B.* (40) vor dem Bundeshaus für einen Grosseinsatz. Er hatte einen Rucksack deponiert, von dem er sagte, er enthalte eine Bombe, und fuchtelte mit einer Softair-Waffe herum. Heute stand er in Bern vor Gericht.
Publiziert: 30.04.2019 um 18:26 Uhr
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Andreas B. sorgte am 1. August 2017 für einen Grosseinsatz der Polizei in Bern.
Foto: Peter Gerber
Céline Trachsel

Im Café Féderal an der Ecke zwischen Bären- und Bundesplatz in Bern herrschte am 1. August 2017 kurz nach 21 Uhr grosse Panik: Der heute 40-jährige St. Galler Andreas B.* fuchtelte mit einer täuschend echten Softair-Waffe herum, hielt sie in die Luft und schrie: «Hände hoch!»

Dann stellte er einen Rucksack auf den Boden und behauptete, dieser enthalte eine Bombe. In 30 Sekunden würde sie explodieren. Eine Café-Besucherin packte beherzt den Rucksack, in dem sich lediglich ein Laptop und mehrere USB-Sticks befanden, und stellte ihn draussen auf die Strasse.

Attentat inszeniert, um in die Medien zu kommen

Das anschliessende Polizeiaufgebot war riesig. Grossflächig mussten der Bundesplatz geperrt und alle Restaurants am Bärenplatz evakuiert werden. Die Polizei konnte den ungefährlichen Rucksack sicherstellen und IV-Rentner Andreas B. festnehmen.

Für diesen «Schrecken der Bevölkerung» stand Andreas B., der sich selber als Einzelgänger bezeichnet, heute vor dem Regionalgericht Bern-Mittelland.

Der unscheinbare Eigenbrötler erzählt in der Befragung von seinem 50-seitigen Manifest und den «Recherchen», für die er das Attentat inszeniert habe. Er wolle zudem bald eine Webseite zum internationalen Völkerrecht aufschalten. «Ich hatte nach der Attentatsinszenierung Kontakt zu allen Medien in der Schweiz, also ist mein Plan aufgegangen», sagt der St. Galler.

Kein Mitleid mit den Opfern von Breivik

Auf den Einschub der Richterin, dass mehrere Fachärzte eine psychiatrische Therapie für angebracht halten, antwortete Andreas B. mit Nachdruck: «Ich bin nicht geisteskrank!» Die anschliessenden wirren Ausführungen über Manipulationen von Volksabstimmungen, Vergewaltigungs-Epidemien und die Rechtfertigung von Anders Breiviks Attentat auf der Insel Utøya in Norwegen mit 69 Toten zeichneten allerdings ein anderes Bild. 

«Mit den Opfern von Breivik habe ich kein Mitleid», sagte Andreas B. etwa. Die Morde auf Utøya nennt er ein «taktisches Kalkül» und spricht von der «systemischen Notwehr», zitiert dazu Charles Darwin.

Gefährlich sei er aber nicht, beteuert Andreas B. mehrmals. «Breivik ging für das, was er machte, lebenslang ins Gefängnis. Zwischen ihm und mir bestehen keine Parallelen, denn ich kenne die Konsequenzen und ich bin nicht bereit, für dieses Volk hier, das mich so enttäuscht hat, ebenfalls so lange ins Gefängnis zu gehen.» Er habe zudem bewusst darauf geschaut, dass bei seiner Inszenierung keiner verletzt werde.

Gutachter stellte wahnhafte Störung fest

Der psychiatrische Gutachter, der am Dienstagmorgen ebenfalls vor Gericht aussagte, stellte beim Beschuldigten eine schwere wahnhafte Persönlichkeitsstörung und mangelnde Empathie fest.

Andreas B. habe in Bern sogar einen Selbstmord durch die Polizei in Kauf genommen, indem er sich so verhielt, dass diese das Feuer auf ihn hätte eröffnen können. Die Äusserungen zu Breivik hält er für «besorgniserregend». Der Gutachter empfiehlt eine stationäre Massnahme in einem Wohn- und Arbeitsexternat mit einer deliktspräventiven Therapie, wenn nötig inklusive Medikation. Das sei sicherer als eine ambulante Therapie.

«Es tut mir leid»

Die Staatsanwältin forderte 7,5 Monate Freiheitsentzug unbedingt und eine stationäre Massnahme. Der Verteidiger forderte nur eine Geldstrafe von 110 Tagessätze bedingt – ohne Thearapie.

Andreas B. schloss mit den Worten, dass ihm die Tat sehr leid tue und er sich bei den möglicherweise aufgeschreckten Leuten entschuldige.

Das Gericht sprach B. am Abend wegen versuchter Schreckung der Bevölkerung und mehrfacher Wiederhandlung gegen das Waffengesetz schuldig. Er kassierte eine unbedingte Freiheitsstrafe von sieben Monaten und eine Busse von 800 Franken. In den Knast muss er vorerst aber nicht: Beide Strafen werden zu Gunsten einer ambulanten Therapie aufgeschoben.

*Name geändert

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