Foto: EU-Delegation

EU-Botschafter Michael Matthiessen warnt die Schweiz
«Wenn ihr nicht am Tisch sitzt, kommt ihr auf die Speisekarte!»

EU-Botschafter Michael Matthiessen gab sich ziemlich undiplomatisch. Vor andern Botschaftern warnte er die Schweiz vor einem Zögern zum Rahmenabkommen.
Publiziert: 10.07.2019 um 17:56 Uhr
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Aktualisiert: 10.07.2019 um 18:30 Uhr
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Michael Matthiessen und die ehemalige Bundesrätin Doris Leuthard beim Neujahrsempfang 2017 in Bern.
Foto: Keystone
Guido Felder

Wie frech! Botschafter Michael Matthiessen (63), der die EU in Bern vertritt, springt der Schweiz gehörig an die Gurgel. Ganz undiplomatisch droht er im Falle eines Scheiterns des Rahmenabkommens: «Wer nicht am Tisch sitzt, kommt auf die Speisekarte!» Mit andern Worten: Macht ihr nicht mit, werdet ihr gefressen.

Diese Äusserung machte er an einem Anlass der finnischen Botschaft in Bern, die zum Start der finnischen EU-Ratspräsidentschaft ein Podiumsgespräch organisiert hatte. Weitere Podiumsgäste waren die Nationalräte Christa Markwalder (43, FDP), Fabian Molina (29, Juso/SP) sowie die finnische Ex-Ministerin mit Schweizer Wurzeln, Anne Berner (55).

Spott wegen tieferer Wahlbeteiligung

Matthiessen liess es nicht bei der einen Drohung bewenden. Er feuerte weiter und warnte die Schweiz unmissverständlich: «Wenn ihr Anschluss haben wollt, müssen gewisse Regeln befolgt werden.»

Das Schweizer Politsystem nannte er wegen der langwierigen Verhandlungen «etwas komplex». Er pries die EU als eine aktive Demokratie und spottete: «Bei den jüngsten EU-Wahlen hatten wir eine Wahlbeteiligung von 51 Prozent – das ist mehr als bei den letzten Parlamentswahlen in der Schweiz.»

Zum Rahmenabkommen sagte er: «Wir gehen oft zu stark ins Detail und vergessen das gesamte Bild.» Die Schweiz würde im grossen Rahmen profitieren können: Ihr wäre der Zugang zum EU-Markt mit über 500 Millionen Einwohnern garantiert. Jeden Arbeitstag würden Waren und Dienstleistungen im Wert von 1,8 Milliarden Franken ausgetauscht.

Schweizer EU-Flyer nur Deutsch und Französisch

Um die Schweizer auf die EU gluschtig zu machen, hat die Delegation der Europäischen Union für die Schweiz und das Fürstentum Liechtenstein die Broschüre «EU-Schweiz: Eine Partnerschaft mit Perspektiven» herausgegeben. Matthiessen sagte stolz: «Wir haben den Flyer in Deutsch und Französisch gedruckt.» Auf eine Version in Italienisch, der dritten grossen Landessprache, hat die EU-Delegation verzichtet. Jedenfalls bisher: Sie will sie dieses Jahr noch nachliefern, wie das EU-Büro in Bern gegenüber BLICK auf Anfrage bestätigt.

Das Nein gegenüber einem EU-Beitritt akzeptiert der Däne zwar voll und ganz. Nicht aber das Zögern zum Rahmenabkommen. Er betonte, dass der europäische Zug bald abgefahren sei. Sein Appell an die Schweiz: «Don't miss the train!» – Verpasst den Zug nicht!

Die zahlreichen Botschafter anderer Staaten, die zuhörten, spendeten ihm Applaus. Einige meinten anschliessend aber auch: Das waren für einen Diplomaten doch etwas zu direkte Worte.

«So deutlich wie noch nie»

Podiumsteilnehmerin Christa Markwalder haben die markigen Worte nicht überrascht. Gegenüber BLICK sagt sie: «Botschafter Matthiessen spricht immer eine deutliche Sprache. Es gab sowohl ironische Statements wie auch Weckrufe.»

Fabian Molina allerdings war erstaunt. Gegenüber BLICK sagt er: «Die Message des EU-Botschafters war tatsächlich so deutlich wie noch nie. Brüssel reisst langsam der Geduldsfaden. Nun liegt der Ball bei der Schweiz.» 

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