Der Berner Reto V. († 36) starb durch eine Polizeikugel. Jetzt spricht der Vater
«Mein Sohn war nicht gestört!»

Daniel V. (67) ist untröstlich. Er hat seinen einzigen Sohn Reto († 36) verloren – nach einem Polizeieinsatz im eigenen Reihenhaus im Berner Schosshaldequartier.
Publiziert: 19.07.2019 um 23:41 Uhr
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Aktualisiert: 04.08.2020 um 16:58 Uhr
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Reto V. († 36) bei einem Einsatz in der Pfadi. Sein Vater Daniel V. (67) hat BLICK dieses Foto zur Veröffentlichung gegeben.
Foto: zVg
Ralph Donghi

Traurig steht Daniel V.* (67) im Garten seines Reihenhauses am Kuhnweg in Bern. «Ich weiss gar nicht, was ich zu diesem Drama sagen soll», sagt der pensionierte Fürsprecher zu BLICK. «Dass mein Sohn Reto so sterben musste, ist einfach nur schrecklich.»

Reto V. (36) starb am Mittwochabend. Wie die Kantonspolizei später schreibt, war er der Polizei zuvor «bereits bekannt» und entwich an jenem Nachmittag aus einer psychiatrischen Institution.

Reto V. starb später im Spital

Als eine Patrouille Reto V. im Haus der Eltern vermutet und ihn dort auch ansprechen kann, müssen die Beamten «eine akut bedrohliche Situation» feststellen. Es fällt mindestens ein Schuss aus einer Polizeiwaffe. Reto V. wird schwer getroffen. Er wird zwar noch ins Spital gebracht, doch dort erliegt er seinen Verletzungen. Die Polizei stellte bei Reto V. eine Schusswaffe sicher.

Daniel V. bestätigt, dass sein Sohn psychische Probleme hatte. Aber: «Reto war nicht gestört», sagt er. «Er war auch nie in einem Heim. Er hatte unter anderem Depressionen und war einfach in einem Spital.»

Der Vater kämpft mit den Tränen

Der Vater bestätigt auch, dass sein Sohn nach der Flucht nach Hause ins Elternhaus gekommen sei. Was danach genau passierte, wie der Polizeieinsatz ablief, was er von diesem hält und warum Reto eine Waffe hatte – dazu möchte Daniel V. nichts sagen. «Wegen der laufenden Untersuchungen», bittet er um Verständnis.

Gerne spricht der Rentner hingegen über seinen einzigen Sohn Reto. BLICK hatte ihn aus Persönlichkeitsschutzgründen bisher René genannt. Aber, so der Vater: «Sie dürfen schon Reto schreiben. Und auch sein Gesicht zeigen.» Daniel V. gibt BLICK sogar sein Lieblingsfoto von Reto. Es zeigt ihn bei einem Einsatz als Pfadfinder. Der Vater kämpft mit den Tränen und sagt dann leise: «Reto war so ein hübscher Giel.»

Einer der besten Drogisten im Kanton Bern

Dann schwelgt der Vater in Erinnerungen. Reto sei ganz normal zur Schule gegangen. In die Primarschule und dann in die Sekundarschule. Und: «Er hatte eine Lehre als Drogist abgeschlossen. Mit der sehr guten Note 5,4», sagt Daniel V. «Reto war einer der besten im Kanton Bern.» Er habe bei einem bekannten Drogisten gearbeitet, sei dort dann irgendwann weg, habe in anderen Drogerien gearbeitet und später auch andere Jobs gehabt.

«Er war ein ganz normaler Typ und hatte auch Freundinnen», so der Vater. Reto sei zudem ein Dauerläufer gewesen. «Er nahm auch am GP Bern und anderen Volksläufen teil.»

Was verrät die Zimmertür?

BLICK-Recherchen zeigten gestern: Das Haus, in dem die Eltern von Reto V.* († 36) wohnen, ist mittlerweile nicht mehr versiegelt. Die Spurensicherung hat den grössten Teil ihrer Arbeit getan – nun müssen die Tatortspuren beseitigt werden. Dafür sind gleich zwei Handwerkertrupps vor Ort. Ein Arbeiter trägt eine Reinigungsmaschine herein – in den oberen Stock des Hauses.

Kurz darauf tragen zwei weitere Handwerker eine Zimmertüre hinauf. BLICK erfährt: Es ist nicht etwa eine neue Türe – die alte wurde geflickt. Der Grund: Sie hatte ein Einschussloch. Entstanden durch den fatalen Schuss, der Reto V. am Ende das Leben kostete? Oder hat er zuerst selber aus seinem Zimmer durch die Türe auf die Beamten geschossen?

Die Kantonspolizei Bern wollte auf Anfrage nicht sagen, ob es neue Erkenntnisse gibt. Die Ermittlungen zum Einsatz führt mittlerweile ein ausserkantonales Polizeikorps.

* Name bekannt

BLICK-Recherchen zeigten gestern: Das Haus, in dem die Eltern von Reto V.* († 36) wohnen, ist mittlerweile nicht mehr versiegelt. Die Spurensicherung hat den grössten Teil ihrer Arbeit getan – nun müssen die Tatortspuren beseitigt werden. Dafür sind gleich zwei Handwerkertrupps vor Ort. Ein Arbeiter trägt eine Reinigungsmaschine herein – in den oberen Stock des Hauses.

Kurz darauf tragen zwei weitere Handwerker eine Zimmertüre hinauf. BLICK erfährt: Es ist nicht etwa eine neue Türe – die alte wurde geflickt. Der Grund: Sie hatte ein Einschussloch. Entstanden durch den fatalen Schuss, der Reto V. am Ende das Leben kostete? Oder hat er zuerst selber aus seinem Zimmer durch die Türe auf die Beamten geschossen?

Die Kantonspolizei Bern wollte auf Anfrage nicht sagen, ob es neue Erkenntnisse gibt. Die Ermittlungen zum Einsatz führt mittlerweile ein ausserkantonales Polizeikorps.

* Name bekannt

Eltern werden jeden Tag daran erinnert

Dass sein Sohn im Elternhaus angeschossen wurde, ist für Daniel V. besonders schlimm. «Meine Frau und meine Tochter waren zum Glück nicht zu Hause», sagt er. Ob er selber bei der Schussabgabe daheim war oder zuvor von der Polizei rausgeführt wurde, will er nicht sagen.

«Es ist genug schlimm, dass wir jetzt jeden Tag daran erinnert werden, dass Reto hier sein Leben lassen musste.» Sie würden aber weiterhin in ihrem Haus im Schosshaldequartier wohnen wollen: «Unserem Reto zuliebe.»

* Name bekannt

«Man hat bei dem Mann eine Schusswaffe sichergestellt»
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