Denkmalgeschütztes «Rössli» in Zäziwil BE komplett abgebrannt – Brandstiftung?
War es die Frau im weissen Kleid?

Das legendäre «Rössli» in Zäziwil BE ist in der Nacht auf Sonntag bis auf die Grundmauern abgebrannt. 21 Menschen mussten evakuiert werden. Die Polizei sucht eine Frau in einem weissen Kleid.
Publiziert: 24.06.2018 um 20:26 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 19:20 Uhr
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Das «Rössli» in Zäziwil BE stand in der Nacht auf Sonntag in Flammen.
Foto: Leserreporter
Gabriela Battaglia

Der Alarm ging am Samstagabend kurz vor 23 Uhr ein. Als die Feuerwehr eintrifft, steht schon der ganze Dachstock des legendären «Rössli» in Zäziwil BE in Brand.

Die 74 Feuerwehrleute können das Feuer in der Nacht unter Kontrolle bringen. Doch das Gebäude ist bis auf die Grundmauern abgebrannt. Gestern Morgen räumte ein Bagger erste verkohlte Trümmer weg.

Als der Brand ausbrach, befanden sich 21 Menschen im Gebäude. Im «Rössli» wurde seit 2012 nicht mehr gewirtet. Stattdessen vermietet der Besitzer Einzelzimmer. Darin lebten vor allem Gastarbeiter.

Grossbrand in Zäziwil
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Restaurant «Rössli» in Flammen:Grossbrand in Zäziwil

«Ich hatte keine Zeit mehr, meine Sachen zu packen»

«Ich habe alles verloren», sagt Konrad Skupin (31) aus Polen. «Ich hätte keine Zeit mehr, meine Sachen zu packen. Mein Pass, meine Bankkarte und auch mein Handy sind verbrannt.»

Auch Marek Saro (40) und sein Kollege Michal Hlad (48) haben nur noch ihre Kleider, die sie tragen. «Wir sind erst vor einer Woche in die Schweiz gekommen», sagen die beiden Bauarbeiter aus der Slowakei. «Wir sind noch immer geschockt.»

Ihr Chef ist gekommen: «Ich wollte ihnen den ersten Wochenlohn bringen. Jetzt muss ich schauen, wo sie unterkommen.»

Kleider vom Brockenhaus

17 Bewohner sind vorerst in der Zivilschutzanlage untergebracht. Gemeindepräsident Walter Flühmann (69) organisierte gestern auch das Essen. «Es gibt eine grosse Solidarität», sagt der Parteilose. «Die Brockenstube hat sofort Kleider zur Verfügung gestellt.»

Weshalb das «Rössli» brannte, stand gestern offiziell noch nicht fest. Polizeisprecher Dominik Jäggi sagt nur: «Die Ermittlungen sind noch im Gange.»

Zweiter Brand in einer Woche

Doch BLICK weiss: Die Polizei sucht eine Frau in einem weissen Kleid. «Wir wurden von der Polizei befragt, ob wir diese Frau kurz vor dem Feuer gesehen haben», sagt José Perol (43). «Die Polizisten zeigten uns auch ein Bild von ihr.»

Die Bewohner kennen die Frau. In der Nacht auf Donnerstag verursachte sie einen ersten Brand in der «Rössli»-Küche. «Sie legte Kleider auf den Kochherd und zündete sie an», sagt Pedro Diaz (43).

Die Frau im weissen Kleid ist Susanne B.* (34) aus Meiringen BE. Sie ist eine Freundin von Bewohner Peter Pieren (43). «Ja, sie ist eine Bekannte von mir», sagt der ehemalige Dachdecker. «Sie erhielt am Dienstag vom Verwalter ein Hausverbot. Darüber war sie wütend.»

Kurz nachdem die Frau gegangen war, brannte es lichterloh

Die Polizei kam dann erstmals am Donnerstag. «Wir wollten, dass die Frau verhaftet wird. Doch die Polizei sagte uns, solange nichts Schlimmeres passiere, gehe das nicht», sagt Diaz.

Susanne B. kam am Samstagabend wieder. «Sie klopfte an meine Tür. Ich sagte ihr, sie solle weggehen», sagt Pieren. Er und andere Bewohner sahen dann, wie sie Richtung Bahnhof davonlief. «Kurz darauf brannte es lichterloh», sagt Pieren. «Jetzt geben mir alle die Schuld am Brand, doch ich kann nichts dafür. Ich habe meine Bekannte ja weggeschickt.»

Die meisten Bewohner schauten sich am Samstagabend das WM-Fussballspiel Deutschland gegen Schweden an. Sie wollten gerade zu Bett gehen. «Wäre der Brand mitten in der Nacht ausgebrochen, hätte es sicher Tote gegeben», sagt Bauarbeiter Skupin. Er löschte am Mittwochabend den ersten Brand in der Küche.

Treffpunkt der Armee-Obersten

Der Gasthof zum Weissen Rössli war einst ein Traditionshaus. Einmal jährlich trafen sich dort die höchsten Stabsoffiziere der Schweizer Armee. Zwei Räume standen unter Denkmalschutz, darunter der General-Guisan-Saal. Dort hingen Fotos mit Widmungen aller Vorsteher des Verteidigungsdepartements (damals EMD, heute VBS).

Der jetzige Besitzer wollte das «Rössli» umbauen und zehn Wohnungen und einen Gewerberaum schaffen. Die Baubewilligung lag vor. Er weilt derzeit in den Ferien.

* Name geändert

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