Immer im Oktober trifft das Ehepaar Schaffer der Schlag. Dann nämlich stellen die Bernischen Kraftwerke (BKW) dem Rentnerpaar aus Ranflüh BE die Stromrechnung aus – und die hat es in sich! So behaupten die BKW seit Jahren, dass das Paar in ihrer Drei-Zimmer-Wohnung für jeweils über 4000 Franken Strom verbrauchen soll.
«Wir sparen das ganze Jahr, damit wir die Rechnung zahlen können. Aber sie wird immer höher», sagt Ursula Schaffer (74) zu BLICK. Sie und ihr Mann Franz Schaffer (68) sind verzweifelt. Die BKW stellen bei dem Ehepaar nämlich einen jährlichen Stromverbrauch von zuletzt 17'280 Kilowattstunden (kWh) fest – im Jahr 2018 waren es sogar 20'500 kWh.
Selbst der Nachbarbauernhof verbraucht weniger Strom
Zum Vergleich: Eine sechsköpfige Familie aus Schaffers Nachbarschaft verbraucht für ihren Bauernhof-Betrieb mit 14 Kühen – inklusive Melkmaschinen, die täglich in Betrieb sind – «nur» 7600 kWh Strom pro Jahr. Und das ist schon ein stolzer Verbrauch (siehe Grafik).
Unglaublich: Schaffers haben so in den letzten sechs Jahren über 20'000 Franken für Strom zahlen müssen. Sparsame Einfamilienhausbesitzer könnten mit diesem Geld locker 33 Jahre lang ihren Strom bezahlen.
Boiler frisch entkalkt – und sonst keine Stromfresser in der Wohnung
Auch ein BLICK-Besuch vor Ort löst das Rätsel nicht. Das Ehepaar wohnt im Erdgeschoss eines Bauernhauses, das sie vor 14 Jahren gebaut haben. Zu ihrer Wohnung gehört ein Keller mit Holzheizung und ein Boiler, der vergangenes Jahr wegen der hohen Stromrechnungen frisch entkalkt wurde. Auch ein Blick in ihre Wohnung hilft nicht weiter: keine zusätzlichen Heizöfen, kein Computer, keine veralteten elektronischen Geräte.
Stromrechnungen, so hoch, dass sie nie und nimmer stimmen können? Im ersten Moment scheint klar: Dafür muss der Rechnungssteller – also das Elektrizitätswerk (EW) – geradestehen. Doch so einfach ist es nicht. Tatsächlich müssen die Verbraucher beweisen, dass sie den in Rechnung gestellten Strom nicht bezogen haben. Können sie das nicht, müssen sie den Betrag in jedem Fall begleichen. Nur, wenn der Stromzähler offensichtlich nicht ordnungsgemäss funktioniert, muss der Anbieter handeln. Mitarbeiter von Elektrizitätswerken können bei der Aufklärung von Stromrätseln jedoch unterstützend helfen, wenn der Verdacht besteht, dass die Stromleitungen von Fremden angezapft wurden.
Stromrechnungen, so hoch, dass sie nie und nimmer stimmen können? Im ersten Moment scheint klar: Dafür muss der Rechnungssteller – also das Elektrizitätswerk (EW) – geradestehen. Doch so einfach ist es nicht. Tatsächlich müssen die Verbraucher beweisen, dass sie den in Rechnung gestellten Strom nicht bezogen haben. Können sie das nicht, müssen sie den Betrag in jedem Fall begleichen. Nur, wenn der Stromzähler offensichtlich nicht ordnungsgemäss funktioniert, muss der Anbieter handeln. Mitarbeiter von Elektrizitätswerken können bei der Aufklärung von Stromrätseln jedoch unterstützend helfen, wenn der Verdacht besteht, dass die Stromleitungen von Fremden angezapft wurden.
«Wir haben uns schon zig mal bei den BKW gemeldet und darum gebeten, doch mal zu kontrollieren, ob sie unseren Stromzähler falsch ablesen oder jemand an unserer Stromleitung hängt», sagt Ursula Schaffer. Doch von Seiten der BKW habe es immer geheissen, dass alles in Ordnung sei. «Wir sollen einen Elektriker rufen, der mal alles kontrolliert, sagten sie uns.» Gegenüber BLICK bestätigen die BKW, dass sie keine Zweifel an der Richtigkeit der Rechnung haben.
Der mechanische Stromzähler haben die BKW zudem 2016 mit einem elektronischen ersetzt. Am hohen Verbrauch änderte das aber auch nichts.
Auch externer Gutachter findet vor Ort keine Unregelmässigkeiten
Schaffers boten in ihrer Not darum 2018 die Kühni Elektro AG aus Lützelflüh BE auf. Aber selbst die Profis finden keine Unregelmässigkeiten. Und können das Stromrätsel nicht lösen. Was bleibt, sind Mutmassungen und Spekulationen. «Es könnte höchstens ein defekter Elektrozusatz des Boilers sein, der so viel Strom verbraucht. Theoretisch wäre das möglich», sagt Elektriker Christian Kühni zu BLICK.
Dagegen spricht jedoch, dass dann der Stromverbrauch konstant hoch hätte bleiben müssen. War er aber nicht. 2016 wurden Schaffers 13'000 kWh in Rechnung gestellt, 2017 waren es «nur» 11'000, 2018 dann wieder plötzlich 20'500 kWh.
Dem Ehepaar bleibt nichts anderes übrig, als die Stromrechnungen der BKW zähneknirschend zu zahlen. «Wir haben jetzt Ratenzahlung vereinbart. Lange geht das aber nicht mehr gut», so Ursula Schaffer.