Langwierige Untersuchung der Basler ICE-Entgleisung
«Das wird eine ziemliche Knüblibüez»

Nach der Entgleisung eines ICE-Zuges, die den Basler SBB-Bahnhof am Mittwoch zeitweise stilllegte und bis Samstag nachwirkte, dürfte die Untersuchung über die Ursache langwierig werden. Die zuständige Behörde rechnet mit monatelanger Detailarbeit.
Publiziert: 04.12.2017 um 14:22 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 16:34 Uhr
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Laut Leserreportern gab es einen Schaden an den Oberleitungen.
Foto: Leserbild 8989

Seit Samstagmittag verkehren alle Züge am Basler SBB-Bahnhof wieder nach Fahrplan. Der deutsche Hochgeschwindigkeitszug, ein ICE der ersten Generation, war am Unfalltag von Hamburg nach Basel gefahren. Kurz vor 17 Uhr entgleisten drei Waggons samt Speisewagen, just als die Lokomotive den Perronanfang erreichte. Verletzt wurde niemand.

Einer dieser Waggons streifte einen Signalmasten und liess diesen auf eine Fahrleitung kippen, was im ganzen Gleisfeld des Bahnhofs einen flächendeckenden Kurzschluss auslöste. Darauf ging zwei Stunden lang gar nichts, bis nach und nach die Gleise wieder benutzbar wurden. Der noch unbezifferte Schaden erreicht gemäss SBB Millionenhöhe.

Keine offensichtliche Unfallursache

Man habe keine offensichtliche Unfallursache – wie beispielsweise einen vergessenen Haltekeil – gefunden, sagte Christoph Kupper von der Schweizerischen Unfalluntersuchungsstelle (SUST) am Montag. Daher gehe er davon aus, dass wie bei der Entgleisung eines italienischen Zuges in Luzern vom März die Abklärungen «langwierig» werden dürften. Zu jenem Fall liegt noch kein Bericht über die Ursache vor.

Am Basler Fall sei aussergewöhnlich, dass die Entgleisung während der Fahrt passierte, also mittlere Waggons auf Abwege gerieten und nicht die Zugspitze zuerst. Auf den ersten Blick stehe als Auslöser daher die Infrastruktur weniger im Vordergrund. Ob eine Fehlfunktion der Weiche vorlag, bei der das Malheur passierte, bleibe indes noch abzuklären.

SUST kontaktiert deutsche Kollegen

Die betroffenen Waggons befinden sich noch in Basel, wo sie laut Kupper gründlich unter die Lupe genommen werden. Dabei würden etwa Messungen an Rädern und Drehgestellen durchgeführt; mit Daten daraus würden Modellrechnungen vorgenommen. Bei Bedarf gebe es auch noch Materialprüfungen, zum Beispiel der Räder.

Die SUST hat auch deutsche Kollegen kontaktiert, die dann für die Untersuchung nach Basel gereist sind. Im Mai war in Dortmund ein ICE, allerdings der zweiten Generation, in einer ähnlichen Situation wie nun in Basel ab den Schienen geraten. Vorstellbar wäre, dass für hohe Tempi sehr steif gebaute Züge wie ICE in engen Radien vor Bahnhöfen suboptimal fahren. Auch das bleibe erst noch abzuklären, sagte Kupper.

«Ziemliche Knüblibüez»

Bevor Züge auf Schienen im Ausland verkehren dürfen, wird jeweils die technische Kompatibilität überprüft und erst dann eine Zulassung erteilt. Dies gilt auch für die ICE auf dem Schweizer Netz. Anfang November hatten SBB und DB das 25-Jahr-Jubiläum der ICE in der Schweiz gefeiert und in Basel den allerneuesten ICE 4 vorgestellt.

Für die Basler Entgleisung hat die SUST angesichts der bisherigen Erkenntnisse wie auch für jene in Luzern derzeit «keine Hypothese». Die Ursache zu ermitteln werde nun wohl eine «ziemliche Knüblibüez», sagte Kupper. Auf Resultate könne man vielleicht bis Mitte 2018 hoffen. Die SUST werde ihren Schlussbericht wie immer online publizieren. (SDA)

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