Frühzeitiger Atomausstieg?
Axpo will 4,1 Milliarden Franken Entschädigung

4,1 Milliarden Franken - so viel fordert allein der AKW-Betreiber Axpo als Entschädigung von der Eidgenossenschaft, sollte das Stimmvolk den frühzeitigen Atomausstieg beschliessen. Das liegt deutlich über der Schätzung des Bundesrates für solche Zahlungen.
Publiziert: 30.10.2016 um 01:59 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 11:50 Uhr
Axpo-Kernkraftwerk Beznau: Sollte das Volk die frühzeitige Abschaltung beschliessen, würde der Stromkonzern Axpo eine Entschädigung in Milliardenhöhe verlangen. (Archivbild)
Foto: KEYSTONE/GAETAN BALLY

«Selbstverständlich», sagte Axpo-Chef Andrew Walo im Interview mit der «NZZ am Sonntag» auf die Frage, ob er bei einem Ja zur Atomausstiegsinitiative am 27. November Schadenersatz fordern werde. «Alle Rechtsgutachten, die wir bis jetzt zu dieser Frage gesehen haben, zeigen klar, dass die Grundlage für Entschädigungen vom Bund bei einem Ja gegeben sind.»

Der Bundesrat, der die Volksinitiative ablehnt, fürchtet Entschädigungsforderungen bei einem vorzeitigen Atomausstieg. Allerdings beziffert er diese deutlich tiefer auf einen dreistelligen Millionenbetrag pro Atomkraftwerk. Axpo betreibt die Kernkraftwerke Beznau und Leibstadt. Für die Initianten liegt indes angesichts des heutigen AKW-Verlustgeschäfts gar kein Schaden vor.

Den Betrag von 4,1 Milliarden Franken hat Axpo laut Walo aufgrund einer Preiskurve des Bundesamtes für Energie (BFE) berechnet, das mittelfristig wieder mit steigenden Strompreisen rechnet. «Das heisst, es werden uns Einnahmen wegfallen», sagte er. Durch die frühzeitige Stilllegung entstünden zudem Mehrkosten und fehlten Zinseinnahmen vom Geld aus dem dafür vorgesehenen Fonds.

«Wir haben für eine Laufzeit von 60 Jahren investiert. Wenn die AKW nun aus politischen Gründen nach 45 Jahren abgeschaltet werden, dann fehlen uns Erträge», fasste Walo seine Forderung zusammen.

Walo weist ferner Vorwürfe von Atomgegnern zurück, das Unternehmen wolle Beznau aus mangelnder Rentabilität eh abschalten, spekuliere nun aber noch auf eine satte Entschädigung. «Wir haben immer gesagt, Beznau werde deutlich über 2020 hinaus laufen, sofern es uns gelingt, den nötigen Sicherheitsnachweis zu erbringen.» Das Unternehmen habe hunderte Millionen investiert.

Das BFE wollte die mögliche Schadenersatzforderung von Axpo nicht kommentieren. Mediensprecherin Marianne Zünd sagte auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda aber, sie wisse nicht, auf welche Preiskurve ihres Amt Walo sich beziehe.

Über weitere «Unterstützungsmassnahmen» für die Stromwirtschaft gilt es Walos Meinung nach nachzudenken. Bei den heute tiefen Strompreise investiere niemand mehr in Wasser- oder Atomkraft, sagte er. Beide seien aber für die Versorgungssicherheit in der Schweiz wichtig.

Auf die Frage, ob er Subventionen für die Atomkraft fordere, sagte Walo: «Nein, aber ich schliesse heute keine Option aus.» Er verweist dabei auf Deutschland. Dort kämen die AKW-Betreiber für die Kosten der Stilllegung auf, der Staat für die Kosten und Risiken der Entsorgung.

Für die atomkritische Schweizerische Energie-Stiftung (SES) rasselt Axpo vor der Abstimmung über die Atomausstiegsinitiative am 27. November lediglich mit dem Säbel. Die Schadenersatzforderung sei der reine Bluff und habe vor Gericht keine Chance.

Die Axpo verdiene aktuell und auch in voraussehbarer Zukunft gar kein Geld mit dem AKW Beznau. Somit könne der Stromkonzern vor Gericht schwerlich einen Schaden geltend machen.

Die Aussichten für die AKW seien derart schlecht, dass die Finanzierung für Rückbau und Entsorgung durch die Betreiber nicht mehr gesichert sei. Experten rechneten mit 27 bis 100 Milliarden Franken, im entsprechenden Fonds habe die Branche aber erst 6,2 Milliarden Franken angespart. Die Steuerzahler dürften den AKK-Betreibern ihre Altlasten wegsanieren müssen, befürchtet die SES. (SDA)

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