Armee
SMS und Sprachnachrichten sind der Marschbefehl der Zukunft

Die Umsetzung der Militärreform ist in vollem Gang. Die Ziele sind ambitiös: Mit den neuen Grundlagen soll die Schweizer Armee zur schnellsten Truppe Europas avancieren. Der Marschbefehl hat ausgedient - neu soll per SMS und Sprachnachricht mobilisiert werden.
Publiziert: 31.08.2017 um 17:52 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 15:04 Uhr
Am Informationstag der Schweizer Armee in Burgdorf konnten sich geladene Gäste etwa über die künftige Mobilmachung ein Bild machen.
Foto: KEYSTONE/MARCEL BIERI

Nach den politischen Ränkespielen wird die Armeereform in den nächsten Monaten und Jahren von der Theorie in die Praxis überführt. Mit dem Vertrauen des Parlaments im Rücken haben Verteidigungsminister Guy Parmelin und Armeechef Philippe Rebord am Donnerstag im bernischen Burgdorf verschiedene Militärkader und Truppenchefs auf die neuen Pläne eingeschworen.

Über hundert geladene Gäste aus Politik, Wirtschaft und Bildung wohnten dem aufwendig organisierten Anlass auf der Logistikbasis bei. Die Armeespitze überliess nichts dem Zufall: Die Militärmusik läutete den Informationstag mit ihrem Vortrag des Schweizerpsalms ein, Dutzende Armeeangehörige in Tarnanzügen sangen mit ihrem Chef die Hymne.

Korpskommandant Rebord vermittelte vor versammelter Kulisse in der für den Anlass umgestylten Panzerwerkstatt wiederholt Aufbruchstimmung - äusserte sich aber auch zu den anstehenden Herausforderungen.

Die Reform werde nicht von heute auf morgen umgesetzt sein, betonte er mehrmals. Die Arbeiten würden bis Ende 2022 andauern. Dazu zähle etwa die vollständige Ausrüstung. Bis dahin würden die noch bestehenden Lücken durch Nach- und Ersatzbeschaffungen geschlossen.

Wie der ehemalige Verteidigungsminister Ueli Maurer, der bei seinem Amtsantritt im Dezember 2008 die Schweizer Armee als «beste der Welt» bezeichnet hatte, steckt sich auch Rebord hohe Ziele. Punkto Bereitschaft werde die Schweiz neue Massstäbe setzen. «Keine Armee in Europa wird innert so kurzer Zeit so viele Armeeangehörige mobilisieren können wie wir.»

Bei nicht vorhersehbaren Ereignissen, beispielsweise Naturkatastrophen oder Terroranschlägen, sind künftig innert Stunden erste Einsatzkräfte vor Ort einsetzbar. Zurückgegriffen wird zuerst auf Berufsformationen der Armee, anschliessend auf Durchdiener und jene Verbände, die gerade im Dienst sind.

Bis drei Tage nach dem Ereignis können gemäss den Plänen 8000 Angehörige der Armee mobilisiert werden. Innerhalb von zehn Tagen sollen sogar 35'000 Personen im Einsatz stehen können.

Möglich machen sollen dies die neu geschaffenen Milizformationen mit hoher Bereitschaft (MmhB). Ihr Material ist permanent verfügbar, in «ihrem» Lager vorbereitet. Aufgeboten werden sie nicht wie bis anhin mit einem schriftlichen Marschbefehl, sondern per SMS oder mobilen Sprachnachrichten. Zusätzlich wird wie heute auf die elektronischen Medien wie TV oder Radio zurückgegriffen.

Bundesrat Parmelin, der Vorsteher des Verteidigungsdepartements (VBS), machte im Gespräch mit Medienvertretern keinen Hehl daraus, dass die Personalsituation - gerade bei einer raschen Mobilmachung - eine Herausforderung bleibe. Er sei aber optimistisch: «Ich habe keine Angst, dass die Armeeangehörigen nicht einrücken.»

Auch von fehlendem Geld - in der Vergangenheit oft ein Problem bei der Umsetzung von Armeereformen - will der Bundesrat nichts wissen. Die vom Parlament zugesagten zwanzig Milliarden Franken bis 2020 reichten für die Umsetzung der neuen Reform, sagte er.

Das Ziel sei es nun, die Aufgaben und Ressourcen der Armee wieder ins Gleichgewicht zu bringen. «Ich erwarte deshalb, dass sie künftig rasch mit den richtigen Mitteln und am richtigen Ort die geforderte Leistung erbringen kann.»

Helfen sollen dabei auch Vereinbarungen, die mit zahlreichen Universitäten und Fachhochschulen getroffen wurden. Künftig können gewisse Armee-Einsätze als Vorstudienpraktikum angerechnet werden. Ausserdem können die betroffenen Kader während ihrer Ausbildung ECTS-Punkte erlangen, welche ihrem Studium angerechnet werden.

Die Wirtschaft wisse die Armee ebenfalls hinter sich, sagte Rebord. «Die Unternehmen sind sich bewusst, dass die Sicherheit der Sockel unserer Gesellschaft ist.» Ein Treffen mit Gewerbeverbands-Direktor Hans-Ulrich Bigler habe ihn in dieser Meinung bestärkt.

Ansetzen werden soll ferner beim wichtigsten Glied der Kette: den Angehörigen der Armee. Die Verankerung des Milizsystems setze auch ein Umdenken bei der jungen Generation voraus, sagte Parmelin. «Sie muss erkennen, dass der Militärdienst nicht nur eine Pflicht, sondern auch eine Notwendigkeit für unsere gemeinsame Sicherheit darstellt.»

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