Andreas Gisler wollte in Bauen UR «seinen Teil beitragen»
In zwei Jahren vom Zuzüger zum Gemeindepräsidenten

Er macht den Job, dessentwegen andere schon Hals über Kopf geflohen sind. Andreas Gisler (40) ist seit Januar Gemeindepräsident von Bauen UR. Gesucht hat er das Amt nie.
Publiziert: 23.04.2018 um 10:59 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 14:25 Uhr
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Andreas Gisler ist Gemeindepräsident von Bauen. Gesucht hat er das Amt nie. «Niemand wollte Verantwortung übernehmen. Also mach ich es jetzt.»
Foto: STEFAN BOHRER
Nicola Imfeld

Andreas Gisler ist ein bodenständiger Typ. Dabei hätte er allen Grund, stolz zu sein. Der 40-Jährige engagiert sich ehrenamtlich auf Gemeindeebene. Das 167-Seelen-Dorf Bauen UR hatte wie viele Gemeinden Mühe, Personal zu finden. «Niemand wollte Verantwortung übernehmen», sagt Gisler. «Deshalb mache ich es jetzt.» 

Gisler – ein Gemeindepräsident aus Goodwill. Noch vor zwei Jahren hätte er sich das Amt nicht einmal im Traum vorstellen können. «Ich wollte nie eine politische Karriere machen. Aber manchmal muss man an das grössere Bild denken, ans Gemeinwohl.»

Andreas Gisler ist Gemeindepräsident von Bauen. Gesucht hat er das Amt nie. «Niemand wollte Verantwortung übernehmen. Also mach ich es jetzt.»
Foto: STEFAN BOHRER

«So funktioniert das Milizsystem. So funktioniert die Schweiz»

Im September 2016 zieht er mit seiner Frau Susanne (39) vom Zürcher Unterland nach Bauen – die Heimat seiner Gattin. Zu dem Zeitpunkt wusste das Paar schon: Das Dorf braucht dringend neue Exekutivmitglieder. «Meine Freunde haben Sprüche geklopft, dass ich der Auserwählte sein werde», erinnert sich Gisler.

Im Kanton Uri herrscht nämlich Amtszwang. Das bedeutet: Wer gewählt wird, muss das Amt antreten. Und tatsächlich: Kaum hatten sich Andreas und Susanne niedergelassen, machte ihm die Gemeinde Avancen. Gisler hörte auf sein Herz und sagte zu. «Jeder sollte seinen Teil beitragen. So funktioniert das Milizsystem. So funktioniert die Schweiz.»

Fahnenflucht wegen Amtszwang

Eine Einstellung, die in Bauen nicht immer gelebt wurde. Gisler kennt die unrühmliche Geschichte, die sich 2008 zugespielt hat. Drei Gemeinderatssitze waren damals zu vergeben. Niemand hatte kandidiert, gewählt wurde trotzdem. Die Auserwählten konnten sich mit ihrer Wahl nicht anfreunden. Doch wegen des Amtszwangs hätten sie das Amt antreten müssen.

Die Gewählten stellten ein Amtsentlassungsgesuch beim Kanton – vergeblich. Dann sahen sie nur noch einen Ausweg: Fahnenflucht. Alle zogen um, das Gremium blieb unvollständig. Für die Aktion hat Gisler kein Verständnis. «Es ist schade, dass heute kaum noch jemand Zeit für das Gemeinwohl übrig hat», sagt er.

Andreas Gisler legte eine steile politische Karriere hin: Im September 2016 kam er nach Bauen. Nun ist er bereits Gemeindepräsident des 167-Seelen-Dörfchens.
Foto: STEFAN BOHRER

Hobbys und Ehefrau Susanne kommen zu kurz

Zeit hätte eigentlich auch Gisler nicht. Er arbeitet mit einem Vollpensum beim Rückversicherer Swiss Re in Zürich. Oft muss er ins Ausland reisen. «Aber ich habe Glück. Mein Unternehmen bringt für das Milizsystem Verständnis entgegen», sagt er.

Lässt es die Arbeit in der Firma zu, arbeitet er von zu Hause aus in Bauen. So kann er zwischendurch für die Gemeinde tätig sein.

Trotz eines verständnisvollen Arbeitgebers: Gisler muss Abstriche in Kauf nehmen. Für Hobbys hat er seit seinem Amtsantritt kaum noch Zeit. Und auch Susanne sieht ihren Andreas seltener. «Aber für die Gemeinde ist mir der ganze Aufwand wert», sagt er.

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In acht Kantonen können Bürger zu einem Amt gezwungen werden

In Luzern, Uri, Nidwalden und Appenzell Innerrhoden sind die Bürger verpflichtet, ein kantonales oder kommunales Amt anzunehmen, in das sie – allenfalls gegen ihren Willen – gewählt werden. In den Kantonen Zürich, Solothurn und Wallis gilt der Amtszwang für die Gemeindeebene. Der Kanton Bern stellt es seinen Gemeinden frei, einen Amtszwang einzuführen. BLICK fragte bei den acht Kantonen nach. Resultat: Dass ein Bürger zu einem Amt gezwungen wird, kommt äusserst selten vor. Vittorio Jenni, Leiter des Gemeindeamts des Kantons Zürich sagt: «Oft finden sich die Leute mit der Wahl von selbst ab.» Auswege gibt es: Wenn man das Rentenalter erreicht hat oder das Amt der Person aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar ist, kann man ein Amtsentlassungsgesuch stellen. Oder man zieht rechtzeitig um.

In Luzern, Uri, Nidwalden und Appenzell Innerrhoden sind die Bürger verpflichtet, ein kantonales oder kommunales Amt anzunehmen, in das sie – allenfalls gegen ihren Willen – gewählt werden. In den Kantonen Zürich, Solothurn und Wallis gilt der Amtszwang für die Gemeindeebene. Der Kanton Bern stellt es seinen Gemeinden frei, einen Amtszwang einzuführen. BLICK fragte bei den acht Kantonen nach. Resultat: Dass ein Bürger zu einem Amt gezwungen wird, kommt äusserst selten vor. Vittorio Jenni, Leiter des Gemeindeamts des Kantons Zürich sagt: «Oft finden sich die Leute mit der Wahl von selbst ab.» Auswege gibt es: Wenn man das Rentenalter erreicht hat oder das Amt der Person aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar ist, kann man ein Amtsentlassungsgesuch stellen. Oder man zieht rechtzeitig um.

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