Adrian Oertli (37) marschierte als Linksextremist an der Kriegsfront
Ein «Verräter» packt aus

Wer in die Fänge der gewaltbereiten Linksextremisten gerät, hat grosse Mühe, sich wieder zu befreien. Denn der Gruppendruck ist enorm. Einer, der den Ausstieg geschafft hat, ist Adrian Oertli. Er hat für seine Anliegen eine «gesunde Alternative» gefunden.
Publiziert: 12.07.2017 um 10:31 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 01:00 Uhr
«Aussteigen lohnt sich immer!» Adrian Oertli warf früher Pflastersteine.
Guido Felder

Er marschierte vorne mit, schmetterte in Zürich manchen Pflasterstein gegen «kapitalistische Gebäude»: Adrian Oertli (37) kämpfte als gewaltbereiter Linksextremist acht Jahre lang gegen die «Ungerechtigkeit». Als seine Kollegen aber einen Mord verherrlichten, hatte er genug. Er trat aus. Doch einfach war dies nicht. Oertli zu BLICK: «Die gewaltbereiten linksextremen Kreise sind wie eine Sekte.»

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Adrian Oertli war von 2001 bis 2009 Mitglied einer linken Gruppierung in Zürich, deren Namen er nicht nennen will. «Reingerutscht bin ich durch die übliche Lebenskrise Anfang 20. Die Liebe war zerbrochen, zudem verlor ich wegen des Wechsels an die Uni viele Kontakte vom Gymi.» Er durchlief zahlreiche ideologische Schulungen. «Das Ziel der Linksextremen ist der Krieg zwischen den Lohnabhängigen und der Bourgeoisie. Ich habe die Indoktrinierung selber erlebt.»

Für gewaltbereite Linke ist der 1. Mai wie Weihnachten

Der 1. Mai, das WEF und der Frauentag waren für Oertli Grosskampftage. «Das ist für die Linksextremen wie Weihnachten oder Ostern für die Christen.» Ja, auch er habe Steine geworfen, aber nie gegen Menschen. Auf welche Gebäude er gezielt hat, will er nicht verraten. Noch immer plagen ihn Schuldgefühle. «Ich verspüre den Wunsch nach Wiedergutmachung», sagt er.

Eigentlich verabscheut Oertli Gewalt. In diesen Kreisen werde man aber durch die Gruppendynamik regelrecht dazu angestiftet. «Ich habe immer versucht, meine Vertrauenswürdigkeit mit solchen illegalen Aktivitäten zu beweisen. Man wird zu Dingen angestachelt, die man im Normalfall nie machen würde.» Deshalb würden ihn auch die Ausschreitungen in Hamburg nicht verwundern: «Das Ausmass der Eskalation ist für einen Aufmarsch in diesen Dimensionen leider keine Neuheit.»

Bei diesem Mord hörte für Oertli der Spass auf

Immer mehr merkte Oertli, dass in linksextremen Kreisen viel gelogen wird. «Es hiess immer, dass man über alles reden könne und die Strukturen sehr demokratisch aufgebaut seien. Tatsächlich wird sehr hierarchisch und autoritär geführt. Geschickt werden durch Gruppendruck Gedanken, Gefühle und das Verhalten manipuliert.» Die ganze Indoktrinierung laufe über Schuld und Schamgefühle.

Oertli passten Umgang und Kampfmethoden immer weniger. Endgültig genug hatte er, als seine Kollegen den Mord der linken Roten Brigaden am italienischen Regierungsberater Marco Biagi (†51) öffentlich glorifizierten. «Ich wurde hässig und sagte: Diesen Scheiss mache ich nicht mehr mit.»

Als Verräter abgestempelt

Wichtig für den Ausstieg war, dass er an der Uni eine «gesunde Alternative» für seine Anliegen fand: Er begann, sich auch dort politisch zu engagieren. Andere Kollegen taten es ihm gleich. Seit er die sektenhaften Strukturen innerhalb der Szene kritisiert, stösst er auf Ablehnung. Oertli: «Sie versuchen mich als Spinner oder Verräter zu verleumden. Wer Kontakt zu mir pflegt, gerät selber in Verdacht, ein Verräter zu sein. So werde ich von vielen gemieden.»

Adrian Oertli arbeitet als Psychotherapeut. Er macht Anhängern der gewaltbereiten linksextremen Szene Mut, ebenfalls auf «gesunde Weise» für eine bessere Welt zu kämpfen. Er weiss, dass der Ausstieg schwer ist. «Man stösst schnell an den Point of no Return. Man hat das Gefühl, dass man sowieso abgeschrieben sei.» Doch das stimme nicht. Oertli: «Aussteigen lohnt sich immer. Solche Szenen wie in Hamburg schaden der linken Bewegung.» 

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